Länder-Domain-Registrare wollen ICANN-Direktoren stellen

Die Registraturen der Länder-Domains wolen stärker im Vorstand der ICANN vertreten sein und fordern eigene Direktorensitze.

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Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Monika Ermert
  • Christian Rabanus

Die Registraturen für so genannte country code Top Level Domains (ccTLD), also Länder-Domains wie etwa .de für Deutschland, möchten stärker im Vorstand der Internet Corporation for Assigned Names and Numbers (ICANN) vertreten sein. Bei der Jahrestagung der ICANN in Marina del Rey gründeten rund 50 Vertreter der ccTLDs eine Arbeitsgruppe, die einen Vorschlag für eigene Sitze im obersten Gremium der ICANN entwerfen soll. Der ccTLD-Vertreter Peter Denegate Trush rief dazu auf, sich um die vier At-large-Sitze zu bewerben, deren Inhaber eigentlich später von den ICANN-Mitgliedern gewählt werden sollen, deren künftige Besetzung aber noch ungeklärt ist.

Die ccTLD-Registrare sollen gemeinsam mit Network Solutions (NSI) und anderen Registraren von Top Level Domains rund 90 Prozent des fünf-Millionen-Dollar-Haushaltes der ICANN aufbringen. Seit eineinhalb Jahren streiten sich die ccTLD-Organisationen mit der ICANN um ein Berechnungsmodell für ihren Beitrag und auch um Verträge darüber, welche Leistungen die ICANN dafür erbringen soll. Im Gespräch ist beispielsweise der störungsfreie Betrieb des Root-Server-Netzes.

Angesichts der finanziellen Verpflichtung wollen sich die ccTLD-Betreiber nicht mehr länger damit abfinden, dass sie keinen direkten Einfluss auf die Haushaltsentscheidungen im Vorstand haben. Der Versuch, über die Domain Name Supporting Organization (DNSO), eines der insgesamt drei wahlberechtigten ICANN-Gremien, einen Direktorensitz zu bekommen, scheiterte. Denn in der DNSO buhlen sieben verschiedene Interessensgruppen – zum Beispiel ISPs, Markenrechtsvertreter oder Inhaber nichtkommerzieller Domains – um die drei Vorstandssitze. "Wir haben da niemals eine Chance", schätzt Peter de Blanc, Manager der vi-Domain, der bei der letzten Wahl kandidierte.

Wenn es nach de Blanc und dem Juristen Peter Denegate Trush geht, soll es daher ein eigenes Gremium geben, nämlich eine cc-Supporting Organization. Vorstandssitze für ihresgleichen haben die beiden ebenfalls ausgemacht: Die vier verbliebenen At-large-Direktorensitze, deren Besetzungsverfahren ICANN durch eine Studie klären lassen will. "Nach unserem finanziellen Beitrag könnten wir auch sechs Direktorensitze beanspruchen", sagt de Blanc.

Mit einem solchen Vorschlag dürften die ccTLD-Verantwortlichen die sich derzeit konstituierende und ohnehin von Marginalisierungsängsten geplagte At-large-Vertretung allerdings gegen sich aufbringen. Wie das derzeitige ICANN-Board die Idee aufnehmen wird, bleibt abzuwarten. Es würde den Vorstand immerhin des Problems entheben, neue Verfahren zur Besetzung der vier Sitze zu suchen.

Die Geschäftsführerin des DENIC, Sabine Dolderer, äußerte sich mit Blick auf ein eigenständiges ICANN-Gremium mit mehreren Vorstandssitzen für die Länder-Domain-Registraturen skeptisch. Schon eher kann sich Dolderer vorstellen, dass es ein beratendes Gremium im Stil des Regierungsbeirates Governmental Advisory Council (GAC) gibt. "Einen direkten Kanal zwischen ICANN und den ccTLDs sollte es allerdings geben, damit uns da auch jemand zuhört." (Monika Ermert) / (chr)