Langsame Elektroautos müssen in der EU Geräusche machen

Elektroautos sind bei langsamen Geschwindigkeiten kaum vernehmbar. Deshalb müssen nun neu zugelassene Typen Geräusche machen.

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Langsame Elektroautos müssen in der EU Geräusche machen

(Bild: Delphi)

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Seit dem heutigen 1. Juli müsse alle neu zugelassenen Elektroauto-Typen mit einem Warnton ausgerüstet sein, einem Acoustic Vehicle Alerting System (AVAS). Es muss ab einer Geschwindigkeit unter 20 km/h anspringen, damit andere Verkehrsteilnehmer das Fahrzeug akustisch wahrnehmen können. Bei höheren Geschwindigkeiten sind die elektrifizierten Autos durch Roll- und Windgeräusche ähnlich hörbar wie Autos mit Verbrennungsmotor.

Der damalige US-Präsident Barack Obama hatte 2010 auf Druck von Blindenverbänden und anderen den Pedestrian Safety Enhancement Act unterzeichnet. Im April 2014 folgte die Europäische Union mit der Verordnung 540 über den "Geräuschpegel von Kraftfahrtzeugen". Demnach müssen in einem zweiten Schritt spätestens ab 1. Juli 2021 in der EU die Hersteller in allen neuen Hybridelektro- und reinen Elektrofahrzeugen ein AVAS einbauen. Dann greift die Verordnung also nicht nur bei der Typzulassung eines Modells, sondern für jedes neu in den Verkehr gebrachte Elektroauto einschließlich Plug-in-Hybriden und Brennstoffzellenautos sowie elektrifizierten Bussen und Nutzfahrzeugen.

Akustische Warnsignale bieten Autohersteller bereits seit Jahren an. Renault beispielsweise setzt "Z.E. Voice" (Geräusch auf Soundcloud) seit Markteinführung seiner ersten Elektrofahrzeuge 2012. Nissan, das mit dem Leaf einen der weltweit meistverkauften E-Autos herstellt, hatte 2010 das System "Approaching Vehicle Sound for Pedestrians" eingeführt. BMW bietet optional einen akustischen Fußgängerschutz seit 2013 in Europa an. Für den VW E-Golf sowie den Hybrid Golf GTE gab es den optionalen E-Sound in Deutschland seit Mitte 2015, für den Smart Fortwo Electric Drive seit Produktionsbeginn ab Werk. BMW hat für die Geräuschkulisse seiner Elektroautos den Hollywood-Komponisten Hans Zimmer engagiert.

Die Verordnung gibt ein Dauerschallzeichen vor, das bis zu einem Tempo "von etwa 20 km/h sowie beim Rückwärtsfahren" automatisch erzeugt werden muss. Dabei soll es Rückschlüsse auf das Fahrzeugverhalten zulassen, also ob das Auto beschleunigt oder bremst und wie schnell es ist. Das Warngeräusch darf abhängig vom Tempo nicht lauter als ein vergleichbares Auto mit Verbrennungsmotor sein.

Die meisten Hersteller übererfüllen die rechtlichen Vorgaben bei der Geschwindigkeit und lassen den E-Sound bis Tempo 30 erklingen, wenn in jedem Fall gesichert ist, dass Reifenabroll- und Windgeräusche so laut sind, dass ein Mensch mit normalem Hörvermögen das Fahrzeug akustisch wahrnimmt. VW geht noch weiter und regelt den Sound ab Tempo 30 nur herunter, bis er ab zirka 50 km/h ganz verstummt. Die notwendige Hardware in Form kleiner Lautsprecher befindet sich meist unsichtbar hinter den Stoßfängern oder – wie bei VW – im Motorraum. Dabei ist der erzeugte Sound auch im Innenraum hörbar, wenn auch leiser und dezenter.

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(Bild: heise Autos)

(mit Material der dpa) / (anw)