Lenovo-Notebooks: H.264-Beschleunigung seit Monaten deaktiviert
Aktuelle Lenovo-Notebooks erhalten seit April 2021 BIOS-Updates, die unter anderem Nvidias Shadowplay unbrauchbar machen. Das Problem soll bald behoben werden.
Lenovo verteilt seit April 2021 BIOS-Updates für zahlreiche Notebooks, die den Funktionsumfang einschränken. Sie deaktivieren die GPU-Beschleunigung zum De- und Enkodieren des Videocodecs H.264, den Videoplayer, Browser, Render- und Aufnahmeprogramme verwenden. Einen Hinweis dazu hat Lenovo nie veröffentlicht. Inzwischen ist aber abzusehen, dass neue BIOS-Updates die H.264-Beschleunigung wieder aktivieren sollen.
Das Problem brodelt seit Monaten im Lenovo-Forum. Dort melden sich primär Mitglieder mit Gaming-Notebooks der Legion-Serie, die eigenständige GeForce-Grafikchips verwenden. Die Änderung dürfte da am ehesten auffallen: Nvidias Aufnahmefunktion Shadowplay funktioniert nicht mehr, ebenso wenig die Open Broadcaster Software (OBS) für Livestreams. Zudem lässt sich die Virtual-Reality-Brille Oculus Quest nicht über den PC betreiben, weil der proprietäre Oculus Link zur Bildübertragung eine H.264-Enkodierung per GPU voraussetzt.
Einzelne Berichte bestätigen, dass auch IdeaPads mit GeForce-GPU betroffen sind. Wie es um Modelle bestellt ist, die einen Radeon-Grafikchip oder einen Kombiprozessor von AMD beziehungsweise Intel ohne eigenständige GPU verwenden, ist nicht bekannt. Mindestens Notebooks aus dem Jahr 2019 haben entsprechende BIOS-Updates erhalten.
Mit mobiler GeForce RTX 3080 nachgestellt
Wir konnten das Problem mit einem aktuellen Lenovo Legion 7 (16ACHg6) samt Ryzen 9 5900HX und GeForce RTX 3080 nachstellen: Das Render-Programm Handbrake gibt im Aktivitätsprotokoll explizit an, dass kein H.264-kompatibles "Device" gefunden wurde, obwohl Nvidias Hardware-Encoder NVENC vollen Funktionsumfang meldet.
Stellt man NVENC auf das neuere H.265 um, verrichtet Handbrake ohne Murren den Dienst. Das Problem: Längst nicht jede Software kann mit dem H.265-Codec alias HEVC umgehen. Alternativ kann man H.264 über die CPU-Kerne laufen lassen, was jedoch deutlich langsamer funktioniert und in 3D-Spielen fps kosten kann.
Trotz per BIOS aktivierter Hybrid-Grafik und Treibereinstellung, dass Handbrake die Radeon RX Vega 8 verwenden soll, konnten wir das Programm nicht zu deren Nutzung fĂĽr das Enkodieren ĂĽberreden. Bei einem Legion-Komplett-PC von Lenovo mit GeForce-Grafikkarte hatten wir hingegen keinerlei Probleme, auch nicht mit H.264. Shadowplay etwa lief auf Anhieb.
Fix kommt ĂĽber neue BIOS-Updates
Lenovo nimmt dazu auf Anfrage nicht Stellung. In Branchenkreisen ist aber zu hören, dass der Hersteller ein BIOS-Update in Vorbereitung hat, das in den kommenden Wochen erscheinen und die H.264-Beschleunigung wieder aktivieren soll. Demnach ist das Problem auch nur in einzelnen Ländern aufgetreten.
Vergangenes Jahr hatte Nokia aufgrund eines Patentstreits gegen Lenovo geklagt, der eben genau die H.264-Beschleunigung betraf und zu einem zwischenzeitlichen Verkaufsstopp in Deutschland fĂĽhrte. Im April 2021 verkĂĽndeten beide Firmen, sich auĂźergerichtlich geeinigt zu haben. Von einer Deaktivierung der Funktion war da allerdings keine Rede.
Hintergrund: Nokia hat Technik zum Videocodec H.264 beigetragen und hält entsprechende Patente. Lizenzkosten stellt das Unternehmen nicht bei AMD, Nvidia, Intel und anderen Chipherstellern in Rechnung, sondern bei Herstellern der Endgeräte, wie eben Lenovo.
(mma)