LiMux: Ex-OB Christian Ude glaubt an Linux-Revival in Münchens Verwaltung

Seite 2: Microsofts "Seelenmassage"

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Ude berichtet in dem Interview weiter, dass Microsoft in dem ersten Lobbykampf um Windows in München "wirklich jede Form der Seelenmassage angewandt" habe "vom galoppierenden Preisnachlass während einer einzigen Unterredung bis zum Einsatz des Megastars Bill Gates". Der damalige Konzernvize Steve Ballmer habe 2003 eigens seinen Ski-Urlaub in der Schweiz unterbrochen und bei einer Unterredung "witzigerweise" ständig neue finanzielle Angebote und Zugaben etwa für das Schulreferat unterbreitet.

"Laufend wurden die um eine Million und noch eine Million und noch eine Million und später ein Dutzend Millionen günstiger als zuvor", erinnert sich Ude. "So wichtig war Microsoft die international als IT-Hochburg wahrgenommene abtrünnige Landeshauptstadt München als Symbol."

Firmengründer Bill Gates habe ihn wenig später in einem weiteren Gespräch fassungslos gefragt: "Warum machen Sie das? Das ist doch widersinnig! Das ist doch gar nicht zu verstehen!" Da er selbst nicht "der hartgesottene IT-Spezialist" sei, habe er nur geantwortet: "Bitte nehmen Sie zur Kenntnis, es geht uns um die Unabhängigkeit. Wir wollen nicht abhängig sein." Gates habe dies als Unsinn abgetan, obwohl der Anstoß für den Wechsel hin zu freier Software Preiserhöhungen und ein Support-Aus bei Microsoft gewesen seien. Der damalige Konzernchef habe gesagt: "Es ist für mich unbegreiflich, das ist Ideologie."

Die "erste Bewegung" für die Rückmigration kam laut Ude "unbegreiflicherweise von der OB-Kandidatin der Grünen". Sabine Nallinger habe "von einem Tag auf den anderen zum Entsetzen ihrer eigenen Stadtratsfraktion verkündet, dass LiMux weg muss und dass es das Gebot der Stunde sei, zu Microsoft zurückzukehren". Sie sei dann von ihrer Fraktion zwar wieder gebremst worden. Aber es sei die Stimmung entstanden, dass, wenn schon die Kandidatin der Grünen umfällt, die Position wohl nicht mehr zu halten ist.

Ebenfalls als "verblüffend" empfindet Ude bis heute das parallele "Umfallen der SPD", das sich innerhalb eines Jahres vollzogen habe. "2013 haben sie noch 'Hurra!' und 'eine Pioniertat!' gerufen, aber schon im Jahr 2014: 'Der Pinguin muss sterben! Wir wollen nicht der letzte Mohikaner sein.'" Die CSU sei dagegen immer klar gegen Linux in München gewesen. (axk)