Liberate schnappt Microsoft Digital-TV-Auftrag weg

UPC will seine Set-Top-Boxen mit der Digital-TV-Software von Liberate ausrüsten. Microsoft muss weiter um seinen Großkunden für Digital-TV bangen.

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Die niederländische United Pan-Europe Communications (UPC), größter Kabelnetzbetreiber in Europa und seit kurzem neuer Besitzer von PrimaCom, wird seine Settop-Boxen für digitales Fernsehen mit der Software von Liberate ausrüsten. Ein Test der Software von Liberate in Wien sei erfolgreich verlaufen, hat das Wall Street Journal erfahren. Nun sei es sehr wahrscheinlich, dass UPC die Software neben Microsofts Digital-TV-Software einsetze.

Zwar ist noch nicht klar, in welchen der 17 von UPC belieferten Länder Liberate zum Zuge komme, das US-Blatt schätzt aber, dass Liberate mit Lizenz-Einnahmen in mehrstelliger Millionenhöhe rechnen könne. Zuerst soll die Liberate Software, mit der TV-Zuschauer E-Mails verschicken und online Einkaufen können, in Holland an den Start gehen.

Microsoft hatte seine Digital-TV-Software im vergangenen August nicht rechtzeitig liefern können, woraufhin UPC nach alternativen Softwareherstellern Ausschau hielt. Dies schmerzt Microsoft umso mehr, da die Redmonder mit acht Prozent an UPC beteiligt sind. Erst letzte Woche hatte Liberate mit Carter Communications einen neuen Kunden für seine Software vorgestellt, dessen Hauptaktionär Paul Allen, Mitbegründer von Microsoft, ist.

Neben UPC hat auch der britische Kabelnetzbetreiber NTL, an dem Microsoft mit 2,5 Prozent beteiligt ist, sein digitales Fernsehprojekt mit Microsofts Software auf Eis gelegt und bereits im vergangen Oktober bekannt gegeben, Liberates Software in Großbritannien einzusetzen. Neben UPC bleibt nur noch das portugiesische Kabelfernsehunternehmen TV Cabo, das in Europa auf Microsofts Lösung setzt.

Der Präsident von Microsofts Fernsehabteilung, Jon DeVaan, macht derweil gute Mine zum bösen Spiel: Microsofts Software sei komplexer und Leistungsfähiger als die Produkte der Konkurrenz und deshalb werde man auf lange Sicht triumphieren. So waren beispielsweise die von NTL in London präsentierten interaktiven Spiele, die mit der Software von Liberate möglich sind, gerade einmal auf "Tic-Tac-Toe"-Niveau. Jedoch machen die höhere Hardware-Voraussetzungen das Microsoft-System unattraktiv für Kabelfernsehbetreiber, die ihre Settop-Boxen mit möglichst einfacher und billiger Technik ausstatten wollen.

UPC steckt zurzeit noch tief in den roten Zahlen. Die Verluste für das Geschäftsjahr 2000 sind mit 1,98 Milliarden Euro mehr als doppelt so hoch wie 1999. Vor Steuern, Abschreibungen und Zinsen wurden 363 Millionen Euro Verlust gemacht, der Umsatz stieg auf 1 Milliarde Euro. Wegen der hohen Investitionen werde sich das Ergebnis jedoch im kommenden Jahr verbessern: Der Umsatz soll sich auf 1,4 Milliarden Euro steigern und der Verlust nur noch 200 Millionen Euro betragen. Ende vergangenen Jahres hatte UPC 8,4 Millionen Kabelabonnenten. (hag)