Lieferdienste zieht es an die Börse – Streit um Arbeitsbedingungen

Seite 2: Enormer Expansionshunger von Delivery Hero

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Mit von der Liefer-Partie wollen auch der Fahrdienstvermittler Uber mit "UberEats" sowie die Tausendsassa-Konzerne Amazon und Facebook sein. So können Amazon-Prime-Kunden in einigen Städten der USA und in London mittlerweile Pizza und Pasta über das "Restaurants"-Tool bestellen. Bei Facebook nennt sich dieselbe Funktion "Order Food" und wird derzeit in den USA getestet.

Trotz des Booms hat Delivery Hero die Schwelle zur Profitabilität noch nicht überschritten. Zwar konnte der Bringdienst seinen Umsatz im vergangenen Jahr fast verdoppeln. Unterm Strich stand aber dennoch ein Minus von fast 200 Millionen Euro.

Der beschwerliche Weg in die schwarzen Zahlen ist vor allem dem enormen Expansionshunger von Delivery Hero geschuldet. Allein zwischen 2014 und 2016 hatte die Gruppe 30 verschiedene Tochtergesellschaften zugekauft. Mit dem frischen Aktionärsgeld soll das Geschäft weiter ausgebaut werden. Nach Auffassung von Tobias Göbbel, Partner bei der Beratungsgesellschaft Roland Berger, bleibt dem Unternehmen derzeit auch gar nichts anderes übrig. "Diesen Trend erleben wir oft in jungen Märkten", erklärt er. "Noch geht es einzig um die Frage, wer am Ende mehr Masse hat." Denn nur mit der Größe, so Göbbel, steigt auch die Wahrscheinlichkeit, profitabel zu werden.

Aus eigener Kraft verdient Delivery Hero sein Geld hauptsächlich über die Provisionen – noch ein heikles Thema für die Branche. Denn in der Gastronomie wird befürchtet, dass die Anbieter ihre Preise für die Bestellungsvermittlung und -lieferung weiter anheben könnten. Zahlen aus den Geschäftsberichten von Lieferando und Delivery Hero zeigen, dass das in der Vergangenheit regelmäßig passiert ist.

Foodora nimmt derzeit um die 30 Prozent pro Bestellung. Das Unternehmen bringe seinen Partnerrestaurants einen zusätzlichen Umsatz zu ihrem Kerngeschäft, erklärt Firmensprecher Vincent Pfeifer. Außerdem würden die Gastronomen an der Umsatzsteuer sparen, die normalerweise bei 19 Prozent liegt. Für Außer-Haus-Lieferungen werden hingegen nur 7 Prozent fällig. Und die Kritik der Fahrer? Man habe inzwischen reagiert und einen Gesprächstermin mit der Gewerkschaft vereinbart, sagt Pfeifer.

Auslieferfahrer Hartl glaubt nicht, dass der Börsengang für ihn und seine Kollegen mehr Druck bedeutet. Er sieht ihn eher positiv, sagt er, als er vor dem Mietshaus der Sushi-Kundin ankommt: "Wenn mehr los ist, gibt's mehr Trinkgeld." Hartl schließt sein Rad an und drückt die Klingel. Das Haus ist ein Berliner Altbau, fünf Etagen. "Foodora ist da", sagt er in die Gegensprechanlage. "Ganz oben", quäkt es ihm entgegen. (kbe)