Lizenzvertrag zwischen Nokia und Qualcomm läuft aus

Kurz vor Ablauf des Lizenzabkommens heute um Mitternacht geht der Streit der beiden Unternehmen unvermindert weiter. Jetzt versucht Qualcomm, eine Entscheidung im Schlichtungsverfahren herbeizuführen.

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Wenn in der Nacht zum morgigen Dienstag das Lizenzabkommen zwischen Handyhersteller Nokia und dem Chip-Lizenzgeber Qualcomm ausläuft, geht der Streit um eine Neufassung des Vertrages in eine neue Phase. Noch bis kurz vor Ablauf hatten beide Parteien versucht, mit immer neuen juristischen Schritten ihre Position in dem Disput zu verbessern. Qualcomms neue Klagen vor zwei US-Gerichten hatte Nokia mit der Ankündigung gekontert, künftig rund 20 Millionen US-Dollar pro Quartal an den Chiphersteller zu zahlen – eine aus der Luft gegriffene Summe, wie Qualcomm monierte. Der Inhaber zahlreicher Patente für die Mobilfunkstandards CDMA und WCDMA hat daraufhin am vergangenen Freitag die Einleitung eines Schlichtungsverfahrens bei American Arbitration Association (AAA) angefordert.

Der Vertrag mit Nokia sieht offenbar die Möglichkeit vor, bei Unstimmigkeiten einen Mediator mit der Schlichtung zu beauftragen. Der Schlichter soll nach Qualcomms Antrag nun entscheiden, dass der Vertrag zu den bisherigen Bedingungen verlängert werde, sollte Nokia nach Ablauf heute um Mitternacht weiter die von Qualcomm patentierten Technologien einsetzen. Zudem soll der Chiphersteller das Recht zugesprochen werden, sämtliche Lizenzen sofort zu widerrufen, sollte Nokia den Chiphersteller auf Patenverletzung verklagen. Die Finnen hatten dies zuletzt angedroht. Nokia erkennt zwar an, dass Qualcomms Patente rund 80 Prozent der in US-Mobilfunknetzen genutzten CDMA-Standards ausmachen. Inzwischen sei das eigene Patentportfolio bezüglich neuerer WCDMA-Technik (die auch in UMTS-Netzen steckt) den entsprechenden Schutzrechten Qualcomms allerdings ebenbürtig, argumentieren die Finnen. Ein gegenseitiges Lizenzabkommen könne daher nicht mehr zu den Konditionen des 1995 geschlossenen und 2001 verlängerten Vertrages geschlossen werden.

Experten schätzen die bisherigen Lizenzzahlungen der Finnen an Qualcomm auf etwa 4,5 Prozent des Handyverkaufspreises oder rund 450 Millionen US-Dollar jährlich. Ausgehend von Nokias freiwilliger Zahlung vergangene Woche wollen die Finnen künftig offenbar nur noch etwa ein Fünftel dieser Summe investieren. Qualcomm sieht darin einen Bruch der Vereinbarung, Nokia habe kein Recht, eigenmächtig den Preis festzusetzen, heißt es von Seiten des Chipherstellers. Unterdessen bekräftigen beide Unternehmen, der Streit solle keine direkten Auswirkungen auf das Tagesgeschäft und die Branche haben. Irgendwann werde der Streit schon beigelegt, sagte Qualcomms Chefanwalt Louis Lupin der International Herald Tribune.

Beide Seiten versuchen seit Monaten, ihre jeweilige Position auf dem Rechtsweg zu untermauern. Nokia hatte zuletzt in Deutschland und den Niederlanden Klagen eingereicht. Der Handyhersteller will damit gerichtlich klären lassen, ob Qualcomm Patente für Chipsätze von Drittherstellern wie Texas Instruments (TI) gegenüber Nokia in Europa geltend machen kann, wenn die Hersteller bereits Lizenzabgaben an Qualcomm leisten. In den USA hatte Qualcomm unter anderem versucht, die Auslieferung bestimmter Nokia-Handys in den USA zu unterbinden. Dieses Verfahren wurde Ende Februar von der zuständigen Kammer der US-Handelsaufsicht allerdings auf unbestimmte Zeit ausgesetzt. (vbr)