Lyft-Chef: Ubers günstige Speisen-Zustellung ist nicht von Dauer

Uber-Rivale Lyft will seine Umsatzbasis verbreitern, aber nicht mit Essenszustellung. Langfristig sei Personenbeförderung wichtiger.

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Fahrt auf der Bay Bridge Richtung San Francisco in einem Lyft/Uber-Fahrzeug

Fahrer sind häufig sowohl für Uber als auch Lyft unterwegs. In den USA deckt Lyft allerdings mehr Regionen ab, als Uber.

(Bild: Daniel AJ Sokolov)

Lesezeit: 5 Min.

Während der pandemiebedingten Lockdowns haben weder Uber noch Lyft viel Geld mit der Vermittlung von Personenbeförderung verdient. Allerdings hatte Uber großen Erfolg mit seiner eigenen Plattform Uber Eats, mit der es Restaurantbestellungen samt Zustellung vermittelt. Lyft ist in dieses Geschäft andersherum eingestiegen: Anstatt ebenfalls Restaurantbestellungen an Endkunden zu vermitteln, können Restaurants und Einzelhändler direkt Lyft-Chauffeure für Zustellungen anfordern. Somit bleibt den Restaurantbetreibern die Kundebeziehung erhalten. Das soll auch so bleiben, versichert Lyft-Mitgründer und -CEO John Zimmer.

Uber habe mit den Speisenlieferungen während der Ausgangsbeschränkungen im Zuge der Coronavirus-Pandemie "eine wirklich gute Idee" gehabt, sagte Zimmer am Montag in einem Live-Gespräch mit dem Wall Street Journal. Die Lieferung von Restaurantbestellungen werde auf die eine oder andere Weise auch langfristig ein echtes Geschäftsmodell bleiben. Allerdings werde es in wirtschaftlich schwierigeren Zeiten weniger wahrscheinlich, einen Salat für nur 30 Dollar an die Tür geliefert zu bekommen.

Langfristig sieht Zimmer noch großes Potenzial in der Personenbeförderung. Eine Billion US-Dollar werde in den USA jährlich dafür ausgegeben. Für US-Haushalte sei Personenbeförderung der größte Ausgabenposten, nur übertroffen von Wohnkosten. "Wir haben kaum an der Oberfläche dessen gekratzt, was wir als Unternehmen tun können, um Personenbeförderung zu verändern, zu verbessern und den Menschen Geld zu sparen", sagte Zimmer, der dabei die langfristige Herangehensweise Lyfts betonte.

"Anstatt auf Pizzen und Salate zu setzen, wird sich unsere Perspektive auszahlen, solange man nicht in ein, zwei Jahre langen Pandemien als Zeitraum für langfristige Geschäftsstrategien denkt", gab sich Zimmer von zukünftigem Erfolg überzeugt. Gleichzeitig erwartet er "sehr große Gelegenheiten zur Differenzierung in den nächsten Monaten". Jüngst hat seine Firma die Vermittlung von Parkplätzen eingeführt. Die Börsenanleger hat Zimmer noch nicht überzeugt, die Lyft-Aktie hat seit dem Börsengang deutlich mehr an Wert verloren, als die Uber-Aktie.

Kurzfristig muss Lyft mehr Nordamerikaner davon überzeugen, ihre privaten Fahrzeuge für Lyft einzusetzen – sowohl Lyft als auch Uber leiden unter Chauffeurmangel, was zu deutlich höheren Fahrtkosten für die Fahrgäste geführt hat. Langfristig hoffen beide Unternehmen auf die Vermittlung von Fahrten in selbstfahrenden Autos. Zimmer verweist darauf, dass US-Amerikaner ihre Autos nur zu vier Prozent der Zeit benutzen würden – was mit Haushaltswaschmaschinen vergleichbar ist.

US-Präsident Joe Biden strebt eine Re-Interpretation bestehender Normen an, wonach Werktätige in der "Gig Economy" häufiger als unselbständig Beschäftigte eingestuft werden würden, was ihnen Anspruch auf Mindestlohn brächte. Zimmer glaubt allerdings nicht, dass diese Regeln eine Änderung für Lyft-Chauffeure bedeuten würden. Die angestrebten Vorschriften galten bereits vor der Amtszeit Trumps.

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Im bevölkerungsreichsten US-Staat Kalifornien hatte eine Entscheidung des kalifornischen Supreme Courts das Geschäftsmodell Lyfts und Ubers bedroht: Zahlreiche Berufsträger, darunter Chauffeure von Uber und Lyft, sollten – meist gegen deren Willen – als unselbständig Beschäftige eingestuft werden. Ein Gesetz führte dann Ausnahmen ein, die aber nicht für Uber- und Lyft-Chauffeure galten. Doch vor zwei Jahren entschied eine Volksabstimmung zugunsten Ubers und Lyfts – damit gelten deren Chauffeure weiterhin als Selbständige. Ob die vom Volk gesetzen Normen zulässig sind, ist noch ungeklärt.

Zur Zeit bewirbt Lyft erneut eine Volksabstimmung in Kalifornien: Die Initiative fordert eine Sonderabgabe von 1,75% auf Jahreseinkommen von über zwei Millionen Dollar. (Der kalifornische Spitzensteuersatz liegt derzeit bei 13,3 Prozent, zusätzlich zum Bundessteuersatz von 37 Prozent, Anmerkung.) Das Geld aus der auf maximal 20 Jahre beschränkten Abgabe soll zu 45 Prozent in Subventionen für den Kauf von Elektrofahrzeugen, zu 35 Prozent in die Installation von Ladestationen und zu 20 Prozent in die Bekämpfung von Waldbränden fließen. Gesundheits- und Umweltschützer, einige Gewerkschaften sowie die Partei der Demokraten unterstützen das Vorhaben, zumal Waldbrände und Verkehr die größten Treibhausgasquellen Kaliforniens sind.

Allerdings treten nicht nur Republikaner, sondern auch die Lehrergewerkschaft und Gouverneur Gavin Newsom von den Demokraten, gegen die neue Abgabe auf. Sie verweisen darauf, dass Kalifornien E-Autos bereits subventioniert, und dass Lyft von mehr Ladestationen und mehr privaten E-Autos indirekt profitieren würde. Ab 2030 müssen 90 Prozent der von Lyft und Uber vermittelten Personenbeförderungskilometer ohne lokale Emissionen erfolgen.

Im Gespräch mit dem Wall Street Journal zeigte sich Zimmer überrascht, dass Newsom die Initiative als "zynisch" bezeichnet. Schließlich würde seine Firma keinen Anteil an den Einnahmen aus der Abgabe für Spitzenverdiener erhalten. Uber beteiligt sich nicht an der Kampagne. Am 8. November stimmen die Kalifornier ab, das Ergebnis ist laut Meinungsumfragen offen.

(ds)