Medienkonzern Vivendi vor harter Sanierung

Dem weltweit zweitgrößten Medienkonzern Vivendi Universal droht der Ausverkauf, eine akute Liquiditätskrise dementierte Hautgläubiger BNP Paribas aber.

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  • dpa

Dem weltweit zweitgrößten Medienkonzern Vivendi Universal droht der Ausverkauf. Nach der bevorstehenden Ablösung von Vivendi-Chef Jean-Marie Messier erwarteten Branchenexperten in Paris einen harten Sanierungskurs, um die Schuldenlast des Mischkonzerns von insgesamt 35 Milliarden Euro zu drücken. Der als Nachfolger von Messier gehandelte Jean-René Fortou wird nach Einschätzung der Börse gezwungen sein, Teile des Unternehmens zu verkaufen. Die französische Großbank BNP Paribas, Großaktionär und Hauptgläubiger, wies Gerüchte über eine akute Liquiditätskrise bei Vivendi zurück. Unter den weltweit rund 380.000 Beschäftigten wuchs die Sorge um ihre Arbeitsplätze.

Der Absturz der Aktie von Vivendi Universal, der weltweiten Nummer zwei hinter dem US-Primus AOL Time Warner, setzte sich am Mittwoch rasant fort. Zwischenzeitlich fiel die Aktie an der Pariser Börse um gut 17 Prozent und rutschte unter 15 Euro. Sie hatte bereits am Vortag 25 Prozent verloren, am Mittwochnachmittag lag sie dann mit 12,81 Prozent im Minus bei 15,52 Euro. Auf der Verwaltungsratssitzung am Mittwochabend wollte Messier (45) seinen Rücktritt erklären. Sein wahrscheinlicher Nachfolger ist der Aufsichtsrats-Vizechef des deutsch-französischen Aventis-Konzerns Jean-René Fourtou (63). Er müsste schnellstens Verhandlungen mit Banken über die Umschuldung aufnehmen. Die Kreditwürdigkeit von Vivendi haben die führenden US-Ratingagenturen Moody's und Standard & Poor's erheblich zurückgestuft.

Von einer Liquiditätskrise könne keine Rede sein, sagte der Chef der Großbank BNP Paribas, Michel Pébereau, zu entsprechenden Spekulationen. Medienberichte, dass Vivendi in den vergangenen Tagen seine drei großen Gläubigerbanken BNP Paribas, Société Générale und die Deutsche Bank um neue kurzfristige Finanzierungslinien gebeten habe, wollte er nicht kommentieren. Die beiden französischen Kreditinstitute sollen nach Angaben der Financial Times einen Überbrückungskredit von 2,5 Milliarden Euro vorbereiten. "Vivendi Universal muss schnell Geld aufbringen", wird ein Banker zitiert. Die Banken drängten auf den raschen Verkauf von Beteiligungen des weit verzweigten Film-, Fernseh- und Musikgiganten, der auch im Internet, Telefon-Geschäft und in der Wasserversorgung engagiert ist.

Erwartet wird eine Zerschlagung des von Messier geschmiedeten Konzerns, der durch Aufkäufe über mehr als 100 Milliarden Euro zu einem unübersichtlichen Konglomerat wurde. Am wahrscheinlichsten ist der Verkauf des führenden Wasserversorgungskonzerns Vivendi Environnement sowie des Abonnentenfernsehens Canal+, für den sich bereits mehrere französische Interessenten gemeldet haben.

Messier hat nach Informationen des "Wall Street Journal" eine Abfindung von 18 Millionen US-Dollar ausgehandelt. Allerdings müsse er das Appartement in New York wieder zurückgeben, das der Konzern für ihn im vergangenen Jahr für 17,7 Millionen US-Dollar gekauft hat. Messier widersprach in der Financial Times Gerüchten, er habe vor zwei Jahren einen 25-Millionen-Dollar-Kredit aufgenommen, um 500.000 Aktien von Vivendi zu kaufen. Da diese inzwischen 80 Prozent ihres damaligen Wertes verloren haben, stünde er kurz vor der Pleite. Messier soll laut Le Monde auch einen Rechtsschutz für eventuelle Prozesse gefordert haben. Ferner soll er von dem Unternehmen verlangt haben, auf jegliche juristische Schritte gegen ihn zu verzichten. Die französischen Gewerkschaften haben bereits mit einer Klage gedroht, falls Messiers Abfindung zu großzügig ausfällt.

Die Börsenaufsichtskommission in Paris hat am Mittwoch nochmals bekräftigt, dass Vivendi eine Bilanzverschönerung für das Geschäftsjahr 2001 versucht habe. Die Aufsicht verhinderte jedoch, dass 1,5 Milliarden Euro falsch verbucht wurden. Im vergangenen Jahr hat Vivendi durch Sonderabschreibungen einen Rekordverlust von 13,6 Milliarden Euro ausgewiesen. Laut Libération hat Vivendi überdies durch trickreiche Aktientransaktionen versucht, seine Schuldensituation milder darzustellen. Der niederländische Elektronikkonzern Philips wird möglicherweise seine Beteiligung an Vivendi im zweiten Quartal in Höhe von 1,6 Milliarden Euro abschreiben, berichtete das Wall Street Journal. Philips halte 38,3 Millionen Vivendi-Aktien und damit einen Anteil von rund 3,5 Prozent. Philips erklärte dazu, die Entscheidung über eine Abschreibung hänge von der Beurteilung ab, ob es sich beim derzeitigen Vivendi-Kurs um eine temporäre Veränderung handelt oder nicht. (dpa) / (jk)