Sturz eines Medienstars

Der Rücktritt des Vivendi-Chefs Messier wird die Probleme des Mischkonzerns wohl nicht lösen: Finanzierungsprobleme und nun der Verdacht auf Bilanzfälschungen.

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Von
  • Birthe Blechschmidt
  • dpa

Der einst als Superstar der Medien gefeierte Vivendi-Universal-Chef Jean-Marie Messier ist jäh aus einer Traumkarriere abgestürzt. Zuletzt verweigerten selbst die treuesten Anhänger dem Spitzenmanager des weltweit zweitgrößten Medienkonzerns die Gefolgschaft. Mit erst 45 Jahren sieht sich "J2M" bereits ins Abseits gestellt, nicht ohne eine millionenschwere Abfindung zu kassieren und zudem angeblich juristischen Schutz zu verlangen. Denn der böse Verdacht von Bilanzmanipulationen nach den spektakulären Fällen Enron, WorldCom und Xerox macht nun auch bei Vivendi die Runde. Nach dem spektakulären Zusammenbruch des Imperiums von Leo Kirch nehmen die Turbulenzen in der Medienbranche also kein Ende.

Der Abgang Messiers dürfte nach Auffassung von Branchenkennern nur der Auftakt für die Zerschlagung des gesamten hochverschuldeten Konzerns in seine einzelnen Sparten Medien, Telefon und Wasserversorgung sein. Im Fall der börsennotierten Vivendi Universal zogen die Großaktionäre aus den USA und Frankreich die Notbremse. Doch neue Hiobsbotschaften über mögliche Finanzierungsprobleme des exorbitanten Schuldenbergs von 35 Milliarden Euro -- davon 19 Milliarden Euro beim Mutterkonzern -- lösten am Dienstag bei Anlegern Ängste über eine existenzbedrohende Krise aus. Der Kurs stürzte zeitweilig bis unter 16 Euro -- ein Verlust von mehr als 70 Prozent seit Jahresbeginn.

Von allen Seiten ins Kreuzfeuer genommen, führte Messier in den vergangenen Monaten den Kampf seines Lebens. Er verkaufte Beteiligungen, versprach, seinen egozentrischen Führungsstil zu ändern und auf weitere vollmundige Versprechungen zu verzichten. Zuletzt kündigte er die Abgabe der Mehrheit an der Wassersparte an, bei der etwa die Hälfte der Schulden geparkt wurden. "Messier hat sich an seinen Milliardeneinkäufen und seinem Größenwahn verschluckt", werfen ihm seine Kritiker vor. Schon als knapp 30-Jähriger war er in der Regierung für Privatisierung zuständig. Politische Unterstützung half ihm, als er 1996 den Vorstandsvorsitz beim nationalen Wasserversorger Générale des Eaux übernahm und dann den verschlafenen Konzern durch Übernahmen zur Spitzengruppe der Medien- und Telekommunikationskonzerne führte.

Bei seiner Einkaufstour im Film-, Fernseh- und im Musikgeschäft zahlte er Höchstpreise, zuletzt noch im Dezember 2001, als die Medienkrise schon voll im Gang war, und er für 11 Milliarden Euro die TV-Senderkette USA Networks von Tycoon Barry Diller erwarb. Als Ergebnis musste Vivendi Universal für 2001 den höchsten Verlust eines Unternehmens in Frankreich ausweisen, mehr als 13,6 Milliarden Euro.

Jetzt soll Jean-René Fourtou, der ehemalige Rhone-Poulenc-Chef, für sechs Monate an die Spitze rücken. Er hat die Fusion mit der Hoechst zum Pharma-Konzern Aventis eingefädelt. Der Ingenieur Fourtou gilt als radikaler Sanierer und soll nun den angeschlagenen Medienkonzern retten. "Unsere Ergebnisse sind ehrlich, wahr und vollständig", versicherte Messier in dem Interview der französischen Tageszeitung Le Figaro, in dem er seinen Rücktritt ankündigte. Doch unter Börsenhändlern hieß es am Dienstag in Paris pessimistisch: "Der Niedergang von Vivendi Universal ist kaum noch zu stoppen." (Birthe Blechschmidt, dpa) / (anw)