Mehr Pakete auf die Schiene: Bahn will Transportnetz ausbauen
Über vier Milliarden Pakete wurden 2020 in Deutschland zugestellt, fast keines davon auf der Schiene. Das wollen Post und Bahn ändern.
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(Bild: Nice to meet you / Shutterstock.com)
Mit einem Klick Schuhe, Möbel oder Laptops kaufen und nach Hause liefern lassen: Online-Shopping ist für viele Verbraucher in Deutschland längst Alltag. Die Corona-Krise hat den Trend noch einmal beschleunigt: Erstmals wurde im vergangenen Jahr die Marke von vier Milliarden versendeter Pakete geknackt – das waren fast elf Prozent mehr als noch im Jahr davor, wie die jüngste Erhebung des Bundesverbands Paket und Expresslogistik (Biek) ergab.
Lkw-GĂĽterverkehr ist groĂźe Umweltbelastung
FĂĽr die Umwelt ist allein schon der Transport eine groĂźe Belastung, denn die allermeisten Sendungen werden auf der StraĂźe transportiert: 64,4 Millionen Tonnen davon fuhren Lastwagen im vergangenen Jahr ĂĽber die Autobahnen, wie aus Statistiken des Kraftfahrt-Bundesamts hervorgeht. Damit entfallen rund zwei Prozent des gesamten Lkw-GĂĽterverkehrs auf Post und Pakete.
Zum Vergleich: Auf der Schiene waren es laut Statistischem Bundesamt im selben Zeitraum null Tonnen. Die Deutsche Post wiederum gibt an, bislang zwei Prozent der DHL-Pakete für einen Großteil ihrer Strecke in Güterzügen befördern zu lassen.
Deutsche Post will Bahnanbindung ausbauen
Am Montag stellte der Konzern gemeinsam mit der Deutschen Bahn neue Verbindungen vor, mit denen dieser Anteil demnach nun auf sechs Prozent steigt. Langfristig soll jedes fĂĽnfte Paket ĂĽber die Schiene transportiert werden. Einen genauen Zeitplan nannte der Konzern bislang nicht. "Die Kooperation mit der Deutschen Bahn und der Ausbau des schnellen, leichten GĂĽterverkehrs auf der Schiene ist ein wichtiger Bestandteil in unserer Nachhaltigkeitsstrategie", teilte Post-Vorstand Tobias Meyer mit.
Bislang habe es für Post und Pakete 13 Verbindungen bei der Güterverkehrstochter der Bahn, DB Cargo, gegeben, die fast alle am Wochenende verkehrt seien. "Nun sind sieben weitere Zugverbindungen mit zumeist werktäglichen Verkehren hinzugekommen", hieß es. So würden etwa vom Güterterminal Großbeeren in Brandenburg Ziele in den Großräumen Dortmund, Mannheim und Frankfurt/Main angefahren.
Mehr Logistikstandorte bräuchten Gleisanschluss
Die DHL-Konkurrenten sind da noch zurückhaltend. DPD probierte vor etwa zehn Jahren den Paketversand über die Schiene aus, in einem Pilotprojekt gab es unter anderem Züge auf der Strecke Bremen – Nürnberg. Das Projekt wurde eingestellt.
Bis ein erheblicher Teil des Paketvolumens von der StraĂźe auf die Schiene verlagert wird, dĂĽrfte es allerdings noch einige Zeit dauern. Paketdienstleister seien per Schiene nur schwer erreichbar, teilte der Bahnverband Allianz pro Schiene mit: "Ihre Logistikzentren errichteten sie auf der GrĂĽnen Wiese ohne Gleisanschluss oder Umschlagterminal fĂĽr den Kombinierten Verkehr, so dass die Lager vielfach nur mit Lkw erreichbar sind."
Der Bund sei deshalb gemeinsam mit Ländern und Kommunen gefordert, mehr Verantwortung für die Raumordnung zu übernehmen: "Das heißt konkret: Neue Logistikstandorte sollten nur mit Gleisanschluss und Umschlagmöglichkeit auf die Schiene geplant und genehmigt werden."
Schiene ein wichtiger Markt
Die Post kündigte am Montag an, ausgewählte Paketzentren mit Gleisanschlüssen ausstatten zu wollen. "Den Anfang soll das Paketzentrum Köln machen, in dem in den nächsten Jahren eine Erweiterung und Bau eines direkten Zugangs zu dem benachbarten Containerterminal Eifeltor geplant ist", hieß es. Allerdings machten bauliche und regulatorische Vorschriften solche Vorhaben schwierig langwierig. Zudem bleibt es für die Bahn-Unternehmen eine Herausforderung, den auf Pünktlichkeit und Schnelligkeit angewiesenen Pakettransport mit der notwendigen Geschwindigkeit abzuwickeln.
Dennoch sieht der Geschäftsführer des Netzwerks Europäischer Eisenbahnen (NEE), Peter Westenberger, bei Post und Paketen für die Schiene einen "wichtigen Markt". In dem Verband sind die Wettbewerber der Bahn organisiert. Sie seien im sogenannten Kombinierten Verkehr, der für die Pakete relevant ist, "gut aufgestellt". Die Herausforderungen seien nicht unlösbar, es brauche indes ein "klares Commitment der Verlader", also der Paketdienste. "Das sehe ich derzeit nicht", teilte Westenberger mit.
Die Bahn wiederum verweist als ersten Schritt auf den Ausbau der eigenen Güterverbindungen über Nacht: "Wir haben zwei Verbindungen im Jahr 2020 erstmals aufgesetzt – nun fahren wir auf zwölf Linien Nacht für Nacht nach Plan", hieß es. "Wenn Kunden bis zu einer bestimmten Uhrzeit einen Güterwagen oder Fracht anliefern, ist es am nächsten Morgen gebracht."
Steuern auf Pakete aus Onlinehandel gefordert
Derweil forder der Deutsche Städte- und Gemeindebund (DStGB) eine Besteuerung von Paketen großer Onlinehändler. Damit soll Geld eingenommen werden, um den Umbau von Innenstädten und Ortskernen zu finanzieren. "Die notwendigen Maßnahmen werden erhebliche zusätzliche Finanzmittel erfordern. Wir fordern deshalb eine Paketversandsteuer, um die großen Online-Plattformen an der Finanzierung der Infrastruktur zu beteiligen", sagte der Geschäftsführer des Deutschen Städte- und Gemeindebundes, Gerd Landsberg.
Onlinehändler wie Amazon nutzten die Infrastruktur der Innenstädte zwar für Lieferungen, zahlten aber in der Regel keinerlei Gewerbesteuer, kritisierte Landsberg. Aus so einer Steuer können zwischen 1 bis 1,5 Milliarden Euro eingenommen werden. Diese Steuer solle umsatzabhängig sein. Der Vorschlag einer Paketabgabe auf den Online-Handel wurde schon letztes Jahr erhoben und kontrovers diskutiert.
"Die Innenstädte und Ortskerne werden nicht sterben, aber sie werden sich grundlegend verändern müssen, damit die Menschen auch in Zukunft dort gerne hingehen, sich aufhalten und sich mit ihrer Stadt und Gemeinde identifizieren", sagte Landsberg. Dieser Prozess müsse jetzt beginnen, damit die Menschen in den Kommunen schon jetzt den "Zukunftsentwurf" gestalten können.
(tiw)