Mehr Staatseingriffe, schnellere Klimawende – Debatte um steigende Energiekosten

Die Preise für Energie steigen weiter, die Belastungen gefährden Haushalte und Unternehmen. Die Politik streitet über möglichst schnelle Gegenmaßnahmen.

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(Bild: pan demin/Shutterstock.com)

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Die Kosten für Energie in Deutschland steigen weiterhin und belasten zunehmend private Haushalte und Unternehmen. In der Politik auf Bundes- und Länderebene mehren sich nun kritische Stimmen dazu, die in Vorschlägen und Initiativen ein wirksames Gegensteuern verlangen. Die Ideen sind sehr unterschiedlich – mal geht es um Steuern, Abgaben und Umlagen, mal um Entlastungszahlungen, gedeckelte Preise oder den schnellen Ausbau erneuerbarer Energiequellen.

Das Land Niedersachsen will sich beim Bund für die rasche Entlastung von Verbrauchern und Unternehmen einsetzen. So soll die Bundesregierung die EEG-Umlage spätestens zum 1. Juli abschaffen. Zudem sollten die Mehrwertsteuer auf Energie aus Strom, Erdgas, Erdwärme, Fernwärme und Kraftstoffen auf sieben Prozent für 2022 und 2023 gesenkt und die Pendlerpauschale auf 38 Cent pro Kilometer erhöht werden. Das geht aus dem Entwurf einer Bundesratsinitiative des niedersächsischen Wirtschaftsministeriums hervor, der der Deutschen Presse-Agentur vorliegt.

"Deutschland ist Strompreis-Weltmeister: Die Energiepreise sind 2021 so stark gestiegen wie nie zuvor und ziehen weiter an", sagte Wirtschaftsminister Bernd Althusmann. "Kein Land zahlt mehr für Elektrizität." Nach neuen Daten des Bundesverbandes für Energie- und Wasserwirtschaft hätten deutsche Haushalte durchschnittlich 36,19 Cent für eine Kilowattstunde bezahlt, betonte der CDU-Politiker. Für eine erfolgreiche Energiewende gelte: "Energie darf nicht primär als staatliche Einnahmequelle verstanden werden, sondern muss für private Haushalte und Wirtschaft gleichermaßen bezahlbar sein." Der Entwurf ist den Angaben zufolge in der Ressort-Abstimmung.

Der Staat hat laut Entwurf einen wesentlichen Anteil an den Energiepreisen. Mehr als die Hälfte des Diesel- und Benzinpreises sowie des Strompreises sind demnach vom Staat beeinflusst – durch Steuern und Abgaben. Daher soll dem Entwurf zufolge die Abschaffung der EEG-Umlage "schnellstmöglich" erfolgen.

Die Stromsteuersätze sollten auf das von der EU festgelegte Mindestmaß sinken, ein Industriestrompreis von vier Cent zum Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit festgelegt und geprüft werden, wie Verbraucher vor den Folgen rechtswidriger Kündigungen von Billigstromanbietern zu schützen seien. Vielfach fänden sich Verbraucherinnen und Verbraucher unversehens in der Grundversorgung wieder und müssten tief in die Tasche greifen. Für Wohngeld- und BaföG-Empfänger sollten die tatsächlichen Heizkosten berücksichtigt werden – die Kosten dafür solle der Bund tragen. Althusmann mahnte: "Wir müssen an Menschen mit niedrigen Einkommen denken."

Zudem sollen die strategischen Energiereserven ausgeweitet sowie das Gasnetz und die Infrastruktur zur Wasserstoff-Versorgung ausgebaut werden. Althusmann hatte kürzlich die Bundesregierung aufgefordert, die Regeln für die Kofinanzierung von Wasserstoffprojekten zu ändern. Bisher ist vorgesehen, dass die Länder einen Anteil von 30 Prozent aufbringen, der Bund trägt dann 70 Prozent. Der Bund solle aber einen höheren Beitrag leisten – es sei Niedersachsen nicht zuzumuten, massiv in die Infrastruktur zu investieren, von der auch andere Bundesländer profitierten. Seit langem wird vor allem mit Blick auf Wilhelmshaven von der Chance auf einen bundesweiten Wasserstoff-Schwerpunkt gesprochen.

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Dem Entwurf zufolge soll noch im ersten Quartal 2022 ein Bund-Länder-Energiegipfel mögliche Maßnahmen abstimmen und umsetzen. "Wirtschaft und Verbraucher ächzen nicht nur unter den Auswirkungen der anhaltenden Inflation, sondern zusätzlich unter den explodierenden Energiekosten", mahnte Althusmann. Entlastung sei dringend nötig.

Am Freitag hatten die Länder Nordrhein-Westfalen und Bayern im Bundesrat ein Entlastungspaket beantragt (PDF-Datei). Die Bundesregierung soll dafür eine Reduzierung der Energiesteuern und der Mehrwertsteuer prüfen. Landesumweltminister Olaf Lies äußerte sich dazu: "Wir brauchen ein Paket aus schnell wirkenden Maßnahmen, welches die Energiepreise zügig stabilisiert", forderte der SPD-Politiker. "Daher muss die EEG-Umlage auf null gesenkt werden. Das bringt sofort 4 Cent auf die Kilowattstunde." Er betonte: "Wir müssen die Energiewende schaffen und gleichzeitig Energiepreise für alle bezahlbar halten."