Micronas stellt sich neu auf und entlässt 300 Mitarbeiter

Der Schweizer Halbleiterhersteller mit operativer Zentrale in Freiburg (Breisgau) will seinen Consumer-Bereich straffen und die Forschungsaktivitäten in China konzentrieren.

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Der Schweizer Halbleiterhersteller Micronas reagiert mit einer "tiefgreifenden Restrukturierung" und Entlassungen auf anhaltende Verluste. Der Hersteller will den Geschäftsbereich Consumer, in dem Halbleiter für digitale Fernseher sowie Geräte der Unterhaltungselektronik entwickelt und hergestellt werden, straffen und die Produktvielfalt im TV-Bereich "deutlich reduzieren". Zugleich sollen die Ausgaben für Forschung und Entwicklung gesenkt sowie der Bereich Marketing und Vertrieb neu aufgestellt werden. Der Restrukturierung sollen insgesamt 300 Arbeitsplätze an allen Standorten zum Opfer fallen.

Im Bereich Forschung und Entwicklung will der Hersteller, dessen operative Zentrale mit der Micronas GmbH in Freiburg (Deutschland) beheimatet ist, bis 2009 Einsparungen von rund 80 Millionen Schweizer Franken (48 Millionen Euro) realisieren. Dies sei "nicht ohne eine Verkleinerung der Forschungs- und Entwicklungsteams möglich", teilte das Unternehmen am heutigen Donnerstag mit. Dagegen sollen die Forschungskompetenzen im 2005 eröffneten Forschungszentrum in Schanghai (China) "kontrolliert" aufgebaut werde. Wie viele Arbeitsplätze in Freiburg betroffen sein werden, wo nach einem Bericht der Badischen Zeitung ein Großteil der Entwicklungsarbeit geleistet wird, ist nicht bekannt. Der Zeitung zufolge ist Micronas mit 1.700 Mitarbeitern der größte privatwirtschaftliche Arbeitgeber der Stadt. Insgesamt beschäftigt das Unternehmen 2.200 Menschen.

Der Bereich Automotive, der mit Halbleitern für die Automobilindustrie laut Unternehmensangaben rund ein Drittel des Gesamtumsatzes beiträgt, sei trotz anhaltend schwieriger Marktverhältnisse profitabel und solle ausgebaut werden. Micronas will hier mittelfristig vom Trend der Automobilindustrie zu mehr Elektronik profitieren. Unklar ist unterdessen das weitere Schicksal der US-Tochtergesellschaft, für die "aufgrund ihrer kritischen Marktposition ein Verkauf angestrebt" werde. Die prognostizierten Wachstumszahlen hätten sich nicht bewahrheitet.

Micronas hat im vierten Berichtsabschnitt in Folge rote Zahlen präsentiert. Im dritten Quartal verzeichnete das Unternehmen einen Umsatz von 186,5 Millionen Franken (111,9 Millionen Euro), gegenüber 222,8 Millionen im Vorjahresabschnitt. Unter dem Strich bleibt ein Verlust von 462,1 Millionen Franken (277,2 Millionen Euro), im dritten Quartal 2006 hatte das Unternehmen noch einen Gewinn von 7,2 Millionen Franken ausgewiesen. Das Ergebnis vor Zinsen und Steuern (EBIT) betrug minus 409,7 Millionen Franken. Nach dem Restrukturierungsprogramm, für das Micronas Kosten in Höhe von 50 bis 70 Millionen Franken veranschlagt, will der Halbleiterhersteller den Turnaround im kommenden Jahr schaffen und 2009 wieder ein positives operatives Ergebnis auf EBIT-Basis vorlegen.

Im Consumer-Bereich entwickelt der Schweizer Hersteller Hard- und Software für Flachdisplays. So eliminiert beispielsweise die von Micronas "truD FHD 120" genannte vektorbasierte Bewegungsschätzungs- und Kompensationstechnik mit der sogenannten 100-Hz-Technik Bewegungsunschärfen (Motion Blur) auf LCD-Fernsehern und mit der 24p-Technik das Bildruckeln (Film Judder) bei 1080p-Signalen. Dazu werden die Bilder von 50/60-Hz-Videomaterial beziehungsweise von Kinofilmen mit 24 Bildern pro Sekunde auf 100/120 Bilder pro Sekunde hochgerechnet und zwischen die Originalbilder interpoliert. Mit dem aktuellen Bildprozessor "FRC 94xyM" tritt Micronas unter anderem in Konkurrenz zu einigen großen LCD-Herstellern wie Samsung und Sony sowie zu NXP, der ehemaligen Halbleitersparte von Philips. (vbr)