Microsoft rückt Kommunikations-Protokolle raus

Microsoft hat als Entgegenkommen im Kartellprozess nun Details veröffentlicht, wie Interessenten bisher unter Verschluss gehaltenen Protokolle für die Kommunikation zwischen Windows-Clients und -Servern lizenzieren können.

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Von
  • Peter Siering

Ohne großes Brimborium hat Microsoft nun weitere Informationen freigeben, wie Entwickler die bisher geheimgehaltenen Protokolle für die Kommunikation zwischen Windows-Clients und -Servern lizenzieren können. Ein ohne Datumsangabe und ohne weiteren Hinweis veröffentlichtes Dokument namens Settlement Program enthält einen Link zum Communications Protocol Program. Dort erläutert Microsoft die grundlegenden Modalitäten: Wer mehr wissen will, muss eine Vertraulichkeitsvereinbarung (NDA) unterzeichnen, eine Lizenzvereinbarung mit Microsoft schließen und schließlich bezahlen. Über die konkrete Höhe der Gebühren schweigt sich Microsoft -- auch in seinen Antworten zu den meistgestellten Fragen -- leider aus.

Eine Liste der lizenzierbaren Protokolle ist nicht öffentlich einsehbar. Bestandteil der aktuellen Veröffentlichung ist aber eine Aufstellung der von Windows verwendeten Protokolle, die nicht unter das Communications Protocol Program fallen. Auf dieser Liste findet sich interessanterweise eine Ausnahme: Nämlich die vor einigen Monaten bereitgestellte Dokumentation zum Common Internet File System (CIFS), das auch als Server Message Block (SMB) Protokoll bekannt ist. Für dieses Protokoll sollen Interessierte zukünftig zahlen. Schon damals wurde diskutiert, ob Microsoft damit den Entwicklern des freien Windows-Servers Samba Steine in den Weg werfen wolle.

Diese Diskussion dürfte neu hochkochen, zumal die Samba-Entwickler auf dem Standpunkt stehen, dass die Dokumentation von Microsoft nutzlos ist. In einem Interview mit c't bezeichneten sie die Spezifikation von Microsoft als unvollständig und wiesen auf die zahlreichen undokumentierten Abweichungen in den Microsoft-Clients hin. Das Samba-Team wisse zudem mehr über SMB als in der Spezifikation stehe. Andererseits dürften die über 100 jetzt neu lizenzierbaren Protokolle auch viele interessante Hinweise enthalten, sei es zur RPC-Kommunikation zwischen Clients und Servern, die die Samba-Entwickler derzeit fleißig entschlüsseln, oder zum Remote Desktop Protokoll (RDP), dass Windows-Terminaldienste und Windows XP zur Fernsteuerung verwenden -- nur die inzwischen veraltete Version 4 ist bisher öffentlich geworden.

Mit dem jüngsten Schritt zur "Offenheit" setzt Microsoft den zweiten Teil seines Anfang August gegebenen Versprechens in die Tat um, denn seit vorgestern sind auch die Middleware-APIs verfügbar. Spektakulär war auch diese Veröffentlichung nicht, zumal es sich nicht um interne Schnittstellen handelt, sondern um einzelne Funktionen. Damit hat Microsoft nur offen gelegt, was schon lange Zeit durch im Internet erhältliche Dokumente bekannt war oder sich aus der aufmerksamen Lektüre von Microsofts SDKs ohnehin erschließt -- so die einmütige Reaktion von Entwicklern.

Microsoft wertet sein Vorgehen, zu dem auch die Veröffentlichung des Service Pack 3 für Windows 2000 und des ersten Service Pack für Windows XP gehört, als freiwilliges Entgegenkommen im Kartellverfahren, entsprechend dem "historischen Kompromiss", den Microsoft im November 2001 mit neun der 18 klagenden US-Bundesstaaten und dem Justizministerium erzielt hatte. In den Abmachungen waren diese Schritte vereinbart worden, aber noch nicht von der zuständigen Richterin Colleen Kollar-Kotelly abgesegnet worden. Sie muss nun entscheiden, ob sie mit den Fortschritten im "Settlement Program" einverstanden ist. (ps/c't) / (anw)