Microsoft steigt bei digitalen Videorecordern ein

Neben der Spielkonsole Xbox, die Microsoft schon zur Eröffnung der CES präsentieren will, stellt der Konzern auch einen digitalen Videorekorder vor.

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Von
  • Jürgen Kuri

Neben der Spielkonsole Xbox, die Microsoft nun überraschend schon am morgigen Samstag zur Eröffnung der Consumer Electronics Show (CES) der Öffentlichkeit präsentieren will, hat der Software-Konzern offensichtlich noch andere Joker im Ärmel. Nach einem Bericht des Wall Street Journal will Microsoft auf der CES auch einen digitalen Videorecorder vorstellen. Das Gerät, unter dem Namen Ultimate TV geführt, arbeitet als Empfangsgerät für Fernsehprogramme über Satellit, enthält zwei TV-Tuner und eine Festplatte. Über die Software wird es dann möglich, aktuelle Fernsehprogramme anzuhalten und sie am gleichen Punkt wieder fortzusetzen, als würde die Fernsehanstalt eine Pause machen – die Festplatte arbeitet als Puffer, um die in der Zwischenzeit angefallenen Daten zwischenzuspeichern. Erste Berichte über den TV-Dienst Ultimate TV tauchten bereits auf, als bekannt wurde, dass Microsofts Tochter WebTV an einem eigenen Prozessor für Settop-Boxen werkelt.

Solche Funktionen gibt es bereits in anderen digitalen Videorecordern – allerdings hat bislang kein Hersteller seine Geräte mit zwei Tunern ausgestattet. Damit wird es möglich, zwei digitale Satelliten-Programme gleichzeitig aufzunehmen, beziehungsweise während der Aufnahme ein anderes Programm zu sehen oder zwei Programme aufzuzeichnen und ein bereits gespeichertes abzuspielen. (Mehr zur Technik der digitalen Videorecorder und zum Einsatz des PC für diese Anwendung im Schwerpunkt Der PC als digitaler Videorecorder in Ausgabe 26/2000 der c't.) Insgesamt soll man mit dem Microsoft-Gerät bis zu 35 Stunden Programm aufzeichnen können.

Microsoft arbeitet bei Ultimate TV mit DirecTV zusammen, einem Dienst der General-Motors-Abteilung Hughes Electronics. Die Hardware soll von Sony und Thomson RCA hergestellt werden, die Software kommt von der Abteilung Microsoft TV des Redmonder Konzerns. Ein Internet-Zugang ist in das Gerät ebenfalls integriert, er wird über Microsofts WebTV realisiert. Die Geräte sollten ursprünglich erst zu Weihnachten 2001 auf den Markt kommen, nun aber bereits Ende Januar oder im Laufe des Februars erhältlich sein, will das Wall Street Journal erfahren haben. Der Kostenpunkt: 499 US-Dollar für Ultimate TV einschließlich Satellitenschüssel; in den USA kommen dazu monatliche Gebühren von rund 40 US-Dollar hinzu (9,95 US-Dollar für den Ultimate-TV-Service, mindestens 29 US-Dollar für DirecTV). Allerdings wird es das Gerät nicht direkt von Microsoft geben: Offensichtlich soll der Vertrieb über DirecTV laufen. Ob und wann die Box nach Europa kommt, steht in den Sternen.

Im Vorfeld der CES trommelt Microsoft schon heftig für den geplanten Auftritt von Bill Gates mit Xbox und Ultimate TV zur Eröffnung der Messe. Unter dem Motto "Microsoft brings it home" scheint sich eine weitere Neuausrichtung des Konzerns abzuzeichnen: Ist mit .NET nach Ansicht der Redmonder schon die Basis gelegt, um alle Microsoft-Produkte auf das Internet auszurichten, scheint sich der Software-Konzern nun auch zunehmend aus Verbraucher-Sicht um die "Zeit nach dem PC" zu kümmern. Ob Microsoft in solchen, für die Firma doch recht ungewohnten Bereichen, genauso erfolgreich operieren kann wie bei Anwendungen und Betriebssystemen, bleibt allerdings abzuwarten. Die bisherigen Versuche, im Feld des interaktiven TV Fuß zu fassen, gestalteten sich recht holprig. Und die weitgehend etablierte Konkurrenz der großen Unterhaltungselektronikkonzerne dürfte einen Newcomer nicht einfach freie Hand lassen – auch wenn er Microsoft heißt. (jk)