Microsoft und Partner stellen Smartphones mit Windows Phone 7 vor [Update]
Der Softwarekonzern hat am Montag weitere Details zum Marktstart des Smartphone-Betriebssystems Windows Phone 7 bekannt gegeben. Dazu stellten Netzbetreiber erste Windows-Smartphones verschiedener Hersteller vor.
Der Softwarekonzern Microsoft hat am Montag weitere Details zum Marktstart des Smartphone-Betriebssystems Windows Phone 7 bekannt gegeben. Dazu stellten Netzbetreiber erste Smartphones mit dem Microsoft-System von verschiedenen Herstellern vor. Kaufen kann man die Windows Phones allerdings noch nicht, die Auslieferung soll hierzulande wie schon länger bekannt am 21. Oktober beginnen.15 weitere europäische Länder werden direkt zum Start versorgt, die USA und andere folgen später. Das erwartete Microsoft-Tablet gab es nicht zu sehen – man habe sich für die Desktop-Version von Windows als Betriebssystem entschieden, sagte Microsoft.
Neun Modelle von Dell, HTC, LG und Samsung hat Microsoft-CEO Steve Ballmer im Rahmen einer international übertragenen Veranstaltung gezeigt. Die Hardware-Ausstattung der Geräte ist weitgehend vom Systemhersteller vorgegeben. Microsoft sieht nur drei Varianten vor, von denen hauptsächlich eine zum Einsatz kommt: ein kapazitiver Touchscreen mit 800 × 480 Punkten, keine Tastatur, ein ARM-Prozessor mit 1 GHz, eine Kamera mit Blitz, ein GPS-Empfänger, ein Kompass und ein Beschleunigungssensor sind ebenso obligatorisch wie mindestens 8 GByte Flash und 256 MByte Arbeitsspeicher.
Fünf Modelle will T-Mobile anbieten. Zunächst werden allerdings nur zwei Geräte in den Telekom-Shop finden, das Samsung Omnia 7 und exklusiv das HTC 7 Mozart mit 3,7-Zoll-Display und 16 GByte Speicher. Alle Modelle werden mit der Navigationsanwendung Navigon select ausgestattet sein. Zu Preisen machte der Provider noch keine detaillierten Angaben – das Mozart soll es bei Abschluss eines Zweijahresvertrags ab einem Euro geben. Zudem hat T-Mobile heute neue Tarifpakete geschnürt, auch im Hinblick auf das erwartete Auslaufen des exklusiven iPhone-Vertriebs.
Vodafone tritt mit zwei Modellen an, dem HTC 7 Trophy (3,7-Zoll-Display) und dem LG Electronics E900 Optimus 7 (3,8 Zoll). Das Trophy hat Vodafone hierzulande exklusiv im Angebot; HTC installierte eigene Hubs zum Anzeigen von Wetter oder Aktienkursen – eine direkte Adaptierung der Sense-Oberfläche ist unter Phone 7 nicht möglich. Das Trophy kostet ohne Vertrag 460 Euro. LG stattet das E900 mit 16 GByte Speicher und einer echten Home-Taste – die anderen haben Sensortasten – aus, ein Preis stand allerdings noch nicht fest. Neue Tarife hat Vodafone nicht geschnürt, die Gerüchte zum beginnenden iPhone-Vertrieb wollte man "nicht dementieren".
O2 will das HTC HD7 mit riesigem 4,3-Zoll-Display anbieten – wie immer ohne Net-Lock. Es soll 530 Euro kosten, 49 Euro Anzahlung und zwei Jahre lang monatlich 20 Euro. [Update]E-Plus verkauft das Samsung Omnia 7 und LG Optimus 7[/Update] Einige weitere Modelle sollen im Handel ebenfalls ohne Netlock erhältlich sein.
Um die Smartphones mit Multimedia-Inhalten zu versorgen, hat Microsoft seinen bisher auf die USA beschränkten Musik- und Videodienst Zune auch in anderen Ländern geöffnet. In Deutschland ist er seit ein paar Wochen verfügbar, die in anderen Ländern wählbaren Abomöglichkeiten fehlen hierzulande allerdings.
Der Startbildschirm von Phone 7 besteht ausschließlich aus den sogenannten Hubs. Ein Hub ist eine Mischung aus Programm-Icon und Widget, er zeigt Informationen an und dient zum Start der Anwendung. Mehrere Hubs werden mitgeliefert: Kontakte (eine Mischung aus sozialen Netzen, SMS und Adressbuch), Bilder (Anzeige und Veröffentlichen von Fotos), Spiele (Spiele und der Spieledienst Xbox live), Musik und Videos (samt Zugriff auf Zune), Marketplace (Herunterladen von Anwendungen) und Office (E-Mail, Onenote, Office Mobile). Apps können eigene Hubs installieren, ebenso lassen sich einige Favoriten wie Internet-Links oder Musik als Hub einbinden. Die Einschränkung des Startbildschirms auf die Hubs passt zum reduzierten Design des Bedienkonzepts: Unnötige Icons blenden sich aus, die mitgelieferten Apps geben sich eher spartanisch, oft sieht man serifenlose weiße Schrift auf schwarzem Grund – dunkle Schrift auf weiß ist aber auch einstellbar.
Zum Synchronisieren von Adressen, Terminen und Daten kann Phone 7 auf die Dienste Exchange und Windows Live von Microsoft zugreifen, auch sind einige andere vorgesehen: Yahoo, Google (E-Mail, Kalender, Adressen) Facebook oder Mailkonten direkt per POP3 und IMAP. Eine direkte Kopplung an den PC ist nicht vorgesehen, per WLAN lassen sich Mediendaten wie Filme und Musik überspielen. Verlorene Geräte lassen sich über einen kostenlosen Cloud-Service aus der Ferne sperren und löschen. Ein Navigationsprogramm mit Auto- und Fußgänger-Routing ist mitgeliefert, weiterhin gehören ein Taschenrechner (der im Querformat immerhin auch hexadezimal rechnet) und ein Wecker zur Grundausstattung.
Trotz des späten Starts ist Phone 7 kein komplett fertiges System, sondern einige Funktionen fehlen: Copy & Paste geht nicht – es soll im Frühjahr 2011 per Update nachgeliefert werden –, den nachinstallierbaren Apps steht kein Multitasking zur Verfügung, Chat- oder VoIP-Anwendungen können also nicht im Hintergrund auf Kontakte warten.
Etwa 1000 Anwendungen sollen zum Marktstart erhältlich sein. Die Entwicklungswerkzeuge stehen seit einiger Zeit kostenlos zum Download bereit, das Einstellen in den Microsoft-Marktplatz ist kostenpflichtig. Zu alten Plattformen ist Phone 7 inkompatibel, weder laufen für das alte Windows Mobile noch für die Desktop-Plattform geschriebene Anwendungen.
Auch wenn Microsoft selbst immer mal wieder sagt, dass man mit den gleichen Tools wie unter Windows 7 arbeitet, haben die Programme kaum mehr gemeinsam als den Namen. So basiert der Internet Explorer für Phone 7 keineswegs auf der aktuellen Desktop-Version 9 oder wenigstens 8, sondern auf dem [Update]in Webstandards nicht aktuellen Internet Explorer 7; immerhin einige Fähigkeiten des IE8 sind umgesetzt (in der ersten Version der Tickermeldung hatten wir fälschlicherweise von IE6 geschrieben)[/Update]. Immerhin darf man von Microsoft eine perfekte Anbindung an Exchange-Konten, einen problemlosen Austausch mit OneNote und einen nicht desktruktiven Zugriff auf Office-Dateien erwarten. Der Funktionsumfang der Mobilanwendungen bleibt aber deutlich hinter dem der Desktop-Versionen zurück, wie bei allen Smartphone-Plattformen üblich.
Erstmals war Windows Phone 7 im Februar auf dem Mobile World Congress in Barcelona zu sehen. Microsoft-Chef Steve Ballmer gibt inzwischen mit ungewohnter Reue zu, bei Smartphones eine Runde verpasst zu haben – wobei es weiterhin euphemistisch ist, von nur "einer Runde" zu sprechen. Microsoft will das Rennen allerdings offensichtlich nicht nur auf der Strecke gewinnen, sondern zwingt die Mitbewerber zu Boxenstopps: Die Klage gegen Motorola, die Lizenzzahlungen von HTC, der Kauf von eigenen Patenten – das soll den Smartphone-Herstellern Android madig machen und sie zum Rennstall Microsoft mit dem patentrechtlich [Update]vermeintlich[/Update] unbedenklichen Windows Phone 7 locken. (jow)