Microsoft wegen Windows 2000 unter Druck

Hintergrund: In Europa und den USA zeichnen sich Kartellverfahren gegen Microsoft auf Grund der Taktiken der Firma im Server-Markt ab.

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Von
  • Jürgen Kuri

Rechtzeitig innerhalb der neuen Frist, die die EU-Wettbewerbshüter Microsoft gesetzt hatten, lieferte der Software-Konzern nun die gewünschten Informationen an die EU-Kommission, hieß es letzte Woche in Brüssel. Die Abteilung für Wettbewerb bei der EU-Kommission geht der Frage nach, ob Microsoft Teile von Windows 2000 so angelegt hat, dass dadurch seine Dominanz auf dem Betriebssystemmarkt auf andere Bereiche übertragen werden könnte. "Dies würde die Märkte für Server-Betriebssysteme und letztlich für den elektronischen Handel einschließen", erklärte Wettbewerbs-Kommissar Mario Monti bei der Eröffnung der Untersuchung.

Ende März hatte Microsoft den Wettbewerbshütern nur vorläufige Informationen geliefert, die nach Angaben aus Brüssel noch keine technischen Details zu Windows 2000 enthielten. Nunmehr, mit den neuesten Dokumenten aus Redmond, will die Kommission prüfen, ob ein formales Kartell-Verfahren gegen den Konzern eröffnet wird. Es sei aber unmöglich zu sagen, wann die Entscheidung falle, erklärte eine Sprecherin der EU-Kommission.

Falls eine offizielles Verfahren zu Stande kommt, sieht sich Microsoft mit neuen Vorwürfen konfrontiert, seine Monopolmacht zu missbrauchen – dieses Mal, um den Markt für große LAN- und Web-Server zu dominieren. In diesem Bereich hat Microsoft bislang allerdings noch keine größeren Blumentöpfe gegen Firmen wie Sun gewonnen; auch Linux macht den Redmondern hier schwer zu schaffen. Und bei LAN-Servern hat Microsoft auch mit NetWare immer noch ziemlich zu kämpfen. Die Beschwerden, auf Grund derer die EU-Kommission die Prüfung einleitete, laufen aber darauf hinaus, dass Microsoft mit Windows 2000 Funktionen und Dienste eingeführt habe, die sich nur in einem reinen Windows-Netz nutzen ließen. Dadurch würden Konkurrenten aus den Unternehmens-LANs und auch aus den internen Netzen bei Internet-Providern ausgeschlossen. Letztlich versuche Microsoft mit seiner Dominanz bei Desktop-Betriebssystemen, ein ähnliches Monopol bei den Servern zu erreichen.

Auch in den USA wird die Untersuchung der EU-Kommission aufmerksam beobachtet. Das Kartellverfahren, dass das US-Justizministerium und 19 amerikanische Bundesstaaten gegen Microsoft führen, dreht sich vor allem um Desktop-Software und Internet-Browser. Nun denken nach Informationen des Wall Street Journal einige US-Regierungsoffizielle darüber nach, auch die Taktiken von Microsoft im Server-Markt genauer zu untersuchen. Bislang gebe es aber keine endgültigen Entscheidungen, ob irgendwelche Maßnahmen ergriffen würden, schreibt das Blatt. Sollte es aber zu Untersuchungen und einer möglichen Anklage gegen Microsoft auf Grund des Vorgehens bei Netz-Servern kommen, könnte dies für die Redmonder weitaus ernster werden als alles, was an Strafen im gegenwärtigen Kartellprozess vorstellbar sei, kommentiert das Wall Street Journal. Wenn die EU-Kommission ein Verfahren gegen Microsoft eröffnet, könnte das auch für die US-Justizbehörden der Anlass für entsprechende Maßnahmen sein – schließlich arbeiten die amerikanischen und europäischen Wettbewerbshüter nach eigenen Aussagen im Fall Microsoft eng zusammen. (jk)