Militärroboter: Wie autonom hätten Sie es denn gern?

Seite 2: Autonome Waffensysteme im Völkerrecht

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Noch mehr im rechtlichen Niemandsland bewegt sich die Entwicklung autonomer Waffensysteme. Andre Haider vom NATO Joint Air Power Competence Centre in Kalkar sagte unmissverständlich: "Vollautomatische Waffensysteme sind keine Science-Fiction mehr." Als Beispiele nannte er Schiffsverteidigungssysteme wie Phalanx oder die von der Gesellschaft für intelligente Wirksysteme mbH hergestellte umstrittene Munition SMArt 155: Hier setzt ein Projektil im Flug zwei Submunitionen frei, die am Fallschirm spiralförmig herabschweben und dabei nach Zielen suchen, die sie selbstständig bekämpfen.

Im Völkerrecht, so Haider, sei zu autonomen Waffensystemen bislang nichts zu finden. Das heiße nicht unbedingt, dass solche Systeme illegal seien, sei jedoch ebensowenig ein Freibrief. Er verwies auf die Martens‘sche Klausel, die das Völkergewohnheitsrecht als Maßstab zur Bewertung von Situationen vorgibt, die nicht durch geschriebenes Recht geregelt sind.

Als zentrales Problem bei der Automatisierung des Waffeneinsatzes nannte Haider die Unterscheidung von Zivilisten und Kämpfern. Die sei auch für Menschen nicht immer einfach zu treffen. Häufig könne man sich dafür nicht nur an äußerlichen Kennzeichen orientieren, sondern müsse dafür auch das Verhalten einschätzen.

Das Kriterium der Verhältnismäßigkeit, wonach der militärische Nutzen eines Waffeneinsatzes gegen den damit verbundenen Schaden abgewogen werden muss, sei von autonomen Waffensystemen ebenfalls schwer zu erfüllen. Zudem sei ungeklärt, wer bei einer Fehlfunktion eines solchen Systems die Verantwortung trage. Ist es die Nation, der Kommandant, der Operator, der Hersteller, der Programmierer – oder das Waffensystem selbst?

Haider verwies auf eine Resolution des Europäischen Parlaments zur zivilrechtlichen Regulierung der Robotik, in der für fortgeschrittene, autonome Roboter der Status einer elektronischen Persönlichkeit erwogen wird. Völlig offen sei auch die Frage, was für eine Fehlerquote bei autonomen Waffensystemen gesellschaftlich akzeptabel sei. Gleichwohl sieht Haider massive Bemühungen in Richtung solcher Systeme.

Unabhängig von der Bewaffnung sieht Kai Horten von der ESG Elektroniksystem- und Logistik GmbH die Diskussion über maschinelle Autonomie generell noch am Anfang. Die Fähigkeiten der Industrie seien gegeben und auf Seiten des Militärs gebe es den Bedarf nach mehr Autonomie. Doch welchen Autonomiegrad wir zulassen wollen, sei eine gesamtgesellschaftliche Frage, wie sich gerade am Beispiel des Autoverkehrs zeige. Die ersehnte Rechtssicherheit könne letztlich nur aus einer breiten Diskussion hervorgehen – und dürfte entsprechend lange auf sich warten lassen.

Kampfdrohnen weltweit (13 Bilder)

MQ-1A "Predator" auf der Ali Base im Irak. Bild: U.S. Air Force

(kbe)