Missing Link: Klimawandel und Wirtschaft - ein Index der ökologischen Verantwortung

Seite 2: Wissenschaftsbasiertes Reporting

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Die "Science-Based Targets Initiative” (SBTi) erwartet, dass Unternehmen ihre Klimaziele so festsetzen, dass sie auch im Einklang mit den Pariser Klimazielen stehen. Diese Ziele sollen von Dritten überprüft und verifiziert werden können, was beispielsweise mit der XDC-Kennzahl möglich wäre.

Über 500 Unternehmen bekennen sich inzwischen zu den "Science Based Targets". Aus Deutschland kommen unter anderem der Softwarekonzern SAP, der Fotodienstleister Cewe, der Automobilhersteller Daimler oder die Deutsche Bahn. Automobilzulieferer Bosch plant, der SBTi im nächsten Jahr beizutreten. SAP-Konkurrent Salesforce gehört übrigens auch dazu, nicht aber Oracle, Intel und Dialog Semiconductor. Die IT-Riesen Microsoft, Apple, Facebook und Google sind ebenfalls noch nicht dabei.

Die Science-Based Targets Initiative setzt sich für ein wissenschaftsbasiertes Reporting ein. Auf EU-Ebene wird derzeit an verbindlichen Vorgaben gearbeitet, wobei die SBTi-Empfehlungen eine Rolle spielen könnten. Die SBTi gibt für drei Bereiche, die sogenannten Scopes, Umsetzungsempfehlungen. Dabei sind die mittel- und langfristigen Klimaziele je nach Sektor für einzelne Industrien unterschiedlich hoch. Scope 1 bezieht sich zum Beispiel auf unternehmenseigene Flotten oder Kraftwerke. Mit Scope 2 werden die Energiedienstleistungen wie Strom erfasst, die ein Unternehmen bezieht. Scope 1 und 2 unterstehen damit der direkten Kontrolle eines Unternehmens. Scope 3 umfasst Emissionen, die in der vor- oder nachgelagerten Lieferkette verursacht werden. Die SBTi verlangt, dass die Unternehmen ihre Ziele für zwei Drittel des Scope 3 genauso ambitioniert setzen wie für Scope 1 und Scope 2. Nur Flugreisen zu kompensieren dürfte bei den meisten Unternehmen nicht genügen.

Die vor- und nachgelagerte Wertschöpfungskette von Scope 3 ist für alle Unternehmen ein heißes Eisen. SAP war das erste Unternehmen in Deutschland, das seine Klimaziele nach SBTi-Vorgaben formuliert hat. 2025 will es klimaneutral sein. SAP versorgt bereits jetzt die eigenen Bürogebäude und Rechenzentren zu 100 Prozent mit Ökostrom. Weil das Unternehmen zunehmend cloudbasierte Lösungen vermarktet, wandern die Emissionen in der Nutzungsphase der Produkte vom Scope-3- in den Scope-2-Bereich des Konzerns. Damit stehen sie unter der direkten Kontrolle des Unternehmens.

Eine Mitarbeiter-Umfrage zeigte 2018, dass die CO2-Emissionen der SAP-Berufspendler sinken.

(Bild: SAP )

In den Scope-3-Bereich fallen die Geschäftsreisen der Vertriebsmitarbeiter. Sie werden durch Emissionszertifikate ausgeglichen. Vermeidbare Geschäftsreisen werden zunehmend durch Videokonferenzen ersetzt. Welche Verkehrsmittel die Mitarbeiter auf ihrem täglichen Weg zur Arbeit zur Arbeit nutzen, wird ebenfalls in den CO2-Ausstoß des Konzerns einkalkuliert. 2018 sanken die täglichen CO2-Emissionen durch Berufspendler um 4,7 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Unter anderem wurden Fahrräder um 15 Prozent mehr genutzt; das Arbeiten von zu Hause aus nahm um 11 Prozent zu.

Bis 2050 soll die gesamte Wertschöpfungskette inklusive Scope 3 dann 85 Prozent weniger CO2-Emissionen generieren. Daniel Schmid, Nachhaltigkeitsleiter bei SAP, sagt: "Der wichtigste Hebel, an dem SAP ansetzen kann, ist unser Produktportfolio, wenn wir es unseren Kunden damit befähigen, positive wirtschaftliche, ökologische und gesellschaftliche Wirkung zu erzeugen." SAP habe mit seinen über 413.000 Kunden eine "enorme Reichweite".

Hinsichtlich der XDC-Kennzahl schneidet SAP mit 1,75 °C im Vergleich zu seinen Konkurrenten allerdings noch nicht so gut ab: Oracle ist auf einem 1,15 °C-Kurs, Salesforce steht bei 1,46 °C. DAX30-Konzern Infineon kommt im Übrigen auf 1,64 °C. Sein Konkurrent Dialog Semiconductor plc (UK) auf 1.95 °C. Apple kommt auf 1,49 °C. Bis auf Salesforce setzt allerdings noch kein Unternehmen bislang auf wissenschaftliches Reporting nach SBTi, weshalb die Zahlenbasis für die ermittelte Kennzahl etwas wackelig sein dürfte. (jk)