Missing Link: Wie skurrile Marktplätze immer noch überleben

Seite 2: Vorsicht bei Lokangeboten

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Aber auch bei der Unternehmensübernahme droht viel Arbeit. Da liegt es auf der Hand, sich einfacheren Freuden des Lebens hinzugeben und einfach nur shoppen zu gehen. Aber Achtung, im Netz lauern Lokangebote an jeder Ecke - unter anderem auf der bahneigenen Shoppingplattform oder auf der davon unabhängigen lastoptimierten DB-Cargo-Seite für aussortiertes, rollendes Material. Wer keine Lust auf Modelleisenbahn hat, wird dort im Maßstab 1:1 fündig: Triebwagenzüge, Diesel- und Elektrolokomotiven. Leider nur sehr selten kann man auf den Bahnportalen ganze ICE-Garnituren erwerben – und abholen muss man sie im Regelfall auch selbst.

Wer Lust und Zeit zum Basteln hat und lieber einen eigenen ICE bauen möchte, könnte daher auf einen anderen Anbieter ausweichen: Auf MachineryLine finden sich Maschinen aller Art. Stanzen, Fräsen, Pressen, Pumpen, Baumaschinen aller Formen und Farben. Wem der chinesische Anbieter aus Chengdu allerdings nicht so ganz behagt, der könnte auch bei resale.de oder Innovac fündig werden. Zwischen Kalksandsteinproduktionsstraße, Kettenräum- und Käseteilmaschinen lauert irgendwo das kleine Glück des wahren Machinery-Makers.

Die Käseteilmaschine wäre sehr hilfreich, würde man selbst Lebensmittelproduzent sein. Das aber, siehe oben, bedeutet eine Menge Arbeit. Wieso sollte man sie nicht einfach auslagern und damit auch das Risiko teilen? Angebote wie Crowdfarming.com sollen Verbraucher und Bauern näher zueinander bringen. Man kann Tiere, Bäume oder Felder adoptieren und erhält dafür dann kistenweise deren Produkte. Wer doch lieber selbst etwas Hand anlegen möchte, aber nur die Agrartätigkeit probieren will, kann etwa bei den Ackerhelden nach dem kleineren eigenen Gemüse-Glück suchen. Wem Gemüse ohne Fleisch nicht ausreicht, der kann Crowdbutching-Plattformen wie KaufNeKuh.de aufsuchen: Da legen viele zusammen, um Tiere zerlegen zu lassen – und die Teile hinterher verspeisen zu können.

Nun leben wir aber in beengten Snackable-Zeiten: Wer nur kurz Fertigprodukte kaufen will, aber ein Problem bei der Parkplatzsuche hat, könnte über einen Stadtpanzer nachdenken. Mit Sports Utility Vehicles (SUVs) haben die Angebote auf Tanks Alot oder bei panzer-handel.de oder beim tschechischen Anbieter Armytechnika.cz zwar nichts zu tun. Und die Straßenzulassung ist für einige der dort angebotenen Fahrzeuge wohl auch eher schwierig zu erhalten. Aber Auseinandersetzungen um engen Parkraum entfallen damit im Regelfall. Und auch, wer über seine Privatinsel (siehe oben) schon immer mal mit einem echten Spritfresser cruisen wollte, obwohl er den Rasen nicht gemäht hat, wird hier im Tausch gegen das nötige Kleingeld fündig.

Das Gegenteil vom Spritfresser ist die Solarstromproduktion. Die schiere Menge an Produkten im Handel bei vergleichsweise kurzen Marktzyklen für die einzelnen Varianten sorgt für einen nicht zu unterschätzenden Gebrauchtmarkt, etwa beim Anbieter Second Sol. Was dort vertrieben wird, kommt oft ohne Garantie daher und die Modelle sind nicht die leistungsstärksten – aber die Stückpreise pro Solarpanel liegen noch einmal deutlich unter dem ohnehin schon stark gesunkenen Preis für Neuware, sodass sich das selbst mit dem Kauf eines Voltmeters zum Testen rechnen kann. Ökologisch sinnvoll ist die Weiternutzung gebrauchter oder nicht mehr im Vertrieb befindlicher Produkte ohnehin, wenn es nicht auf die Produktion jeder einzelnen Kilowattstunde ankommt.

Wer noch etwas mehr Platz im Garten (oder seiner Privatinsel, wir werden sie nicht los) hat, kann auch gleich eine gebrauchte Windkraftanlage vergleichsweise günstig erwerben. Auch hier gibt es, natürlich, einen Onlinegebrauchtfachhandel jenseits der größten Plattformen, etwa bei MyWindPowerSystems oder bei wind-turbine.com. Im Vergleich zu Solaranlagen ist das natürlich etwas aufwendiger geraten.

Ein Geheimtipp ist sie nicht, aber was sich im E-Bay der Verwaltung wiederfindet, geht über Standarddinge dann doch hinaus. Wer dringenden Bedarf verspürt an Intensivfahrtragen, Traktoren, Lösch- und Streufahrzeugen, Büromöbeln, Hundeboxen oder schon immer einen elektrisch betriebenen Leichenwagen erwerben wollte, wie er derzeit von der Stadt Münster verkauft wird, wird in der Behördenversteigerung Zoll-Auktion.de fündig.

Mitunter finden sich dort aber auch Dinge, die gepfändet wurden. Flipperautomaten oder Zinnsoldaten etwa. Oder Waren, für die schlicht kein Einfuhrzoll bezahlt wurde – wie palettenweise Paw-Patrol-Spielzeug. Auch aussortierte Telefone, Kameras oder Drohnen sind Dauerbrenner – und Hochprozentiges, meist vom Zoll einkassiert. Der Wermutstropfen: Der Großteil der Angebote ist nur für Abholer gedacht, die Umkreissuche daher oft zu empfehlen.

Diese Missing-Link-Ausgabe wäre nicht komplett ohne den Hinweis, dass es eine ganze Vielzahl an Spezialplattformen gibt, die hier mit voller Absicht nicht verlinkt werden – der Gebrauchtslipfachhandel wäre da noch eines der harmlosen Beispiele.

Eine Zeit lang wirkte es so, als ob viele der hier genannten Plattformen von wenigen großen Anbietern – allen voran dem Marketplace von Amazon, AliBaba und ähnlichen – komplett geschluckt würden. Doch tatsächlich scheint diese Art der Angebote nach wie vor zu boomen. Allerdings zeigt sich, etwa bei den Maschinenplattformen, wie sich die Welt verändert und auch chinesische Anbieter immer stärker werden. Der lange Schweif der Interessen, das Internet hat ihn – wie so viele andere Dinge – sichtbarer gemacht.

(nie)