Mit Body-Painting gegen Urheberrechtsverletzer
Die umstrittene Kampagne "Raubkopierer sind Verbrecher" will im Rahmen einer neuen Infotour mit Hilfe getarnter Models in öffentlichen Gebäuden und Plätzen zeigen, dass sich illegale Filesharer nicht verstecken können.
Die umstrittene Kampagne "Raubkopierer sind Verbrecher" will im Rahmen einer neuen Infotour mit Hilfe getarnter Models in öffentlichen Gebäuden und Plätzen zeigen, dass sich illegale Filesharer nicht verstecken können. Die seit bald drei Jahren hinter der Initiative stehende Zukunft Kino Marketing GmbH (ZKM) startete die Aktion am heutigen Mittwoch im Berliner Bahnhof Friedrichstraße. Vier Personen posierten dort hinter dem Eingang oder an Podesten, wobei sie am ganzen Körper bemalt und dadurch ähnlich wie Chamäleons an ihre Umgebung angepasst waren. In Reichweite der "Kunstfiguren" verteilte in Phantasie-Uniformen gewandetes Personal dann Flyer für Gewinnspiele und Aufklärungsmaterial zu der Kampagne, welche die Filmförderungsanstalt (FFA) mit einer dreiviertel Million Euro unterstützt.
Mit der Body-Painting-Aktion, die ZKM-Geschäftsführer Jan Oesterlin als "hochästhetisch" bezeichnete, will die Kampagne nach ihrer vorausgegangenen "Knast"-Tour erneut "ins echte Gespräch" mit ihren Zielgruppen kommen. "Auch eine vermeintlich perfekte Tarnung hilft nicht, sich dauerhaft zu verstecken", erläuterte Oesterlin die Stoßrichtung gegen Online-Übeltäter. "Es gibt Möglichkeiten, Raubkopierer im Internet zu finden, und Möglichkeiten der Strafverfolgung." Einen vergleichbaren Tenor hatte bereits ein Spot zum Thema Fußball, den die ZKM im Frühsommer allein im Netz zum legalen Download kostenfrei zur Verfügung stellte. Am dortigen "Point of Crime", wie das Internet im Jargon der Raubkopiererbekämpfer betitelt wird, haben bislang über eine Million Nutzer das Video heruntergeladen. Weitere "Versteckspiele" wie in Berlin will die Organisation im Sommer noch in Essen, Köln, Münster und Hamburg durchführen.
Ergänzt wird die Tournee mit einem neuen Spot, der auch wieder im Fernsehen und im Kino zu sehen sein soll. Das Video weist laut Oesterlin bereits auf eine geringfügige Neuausrichtung der Kampagne vom Herbst an hin: "Mehr Augenzwinkern", verspricht der ZKM-Manager. Dazu kommt im Kino und auf DVD der Nachsatz "Danke, dass Sie sich für das Original entschieden haben." Er werde mithelfen, die "Kunden noch stärker zu Verbündeten machen", hofft Oesterlin. Inhaltlich gibt der Spot eine offensichtlich länger dauernde Beziehung von der ersten Anmache in der Kneipe bis zum großen Zank vor dem Auseinanderbrechen im Zeitraffer wieder. Am Ende steht die Aussage: "Nach fünf Jahren Knast hat man keine Zeit zu verlieren".
Kurze Einblicke gab Oesterlin überdies in das wachsende gesamte Arsenal der Filmindustrie im Kampf gegen illegale Kopierer. Dieses fange bei einer konsequenten Anti-Raubkopierer-Sicherheitslinie an den Produktions- und Vorführstätten an und reiche über die technische Forschung sowie zivil- und strafrechtliche Verfolgung, Aufklärung und legale Online-Angebote bis hin zur Marktforschung. Im Bereich neuer technischer Entwicklung verwies der ZKM-Vertreter vor allem auf eine verbesserte "Tonaufnahme- und Abfilmverhinderung": Das Einfügen von Störpartikeln in das Filmmaterial, die fürs menschliche Auge oder Ohr selbst nicht wahrnehmbar, werden seiner Ansicht nach dazu beitragen, "dass diese Form der Raubkopie schwieriger wird".
Erste Zahlen aus der noch laufenden neuen "Available for Download"-Studie, welche die "Internetagenten" der Münchner Firma P4M mit Förderung der FFA durchführt, zeigen aber trotz aller Bemühungen nach wie vor keinen Trend zum Rückgang der widerrechtlichen Filmkopierertätigkeiten auf. Gemäß der Halbzeitergebnisse der Analyse werden alle Kinofilme, die am Startwochenende über 50.000 Besucher hierzulande anlockten, zu 100 Prozent auch in Tauschbörsen angeboten. Erneut sind alle Genres betroffen, wobei Action-, Kinder- und Animationsfilme sowie Thriller zu 100 Prozent illegal verfügbar sind. Horrorfilme und Komödien sind mit 83 beziehungsweise 73 Prozent ebenfalls stark vertreten. Dokumentationsfilme waren im Betrachtungszeitraum dagegen mit sechs Prozent nur selten im Netz zu finden.
Welche Potenzial der Filmbranche verloren gehe, macht laut Oesterlin etwa das Downloadverhalten beim KinoknĂĽller Ice Age 2 deutlich: Der Streifen hatte am Startwochenende knapp 2,4 Millionen Besucher und wurde gleichzeitig 121.894 mal via BitTorrent ohne lizenzrechtliche Genehmigung heruntergeladen. FĂĽr die Studie untersuchte P4M alle 116 zwischen Anfang April und Ende Juni hierzulande neu gestarteten Filme im Internet. Im Auge behielten die Netzbeobachter dabei relevanten Portale, Foren und Filesharing-Netze wie eDonkey, BitTorrent oder das Usenet. Die eigentlichen Downloadzahlen prĂĽften sie nur bei BitTorrent, sodass laut Oesterlin noch eine hohe Dunkelziffer dazukomme.
Zu den Diskussionen um das geistige Eigentum, zu den juristischen Streitigkeiten um das Urheberrecht und zur Novellierung des deutschen Urheberrechtsgesetzes siehe den Online-Artikel in "c't Hintergrund" (mit Linkliste zu den wichtigsten Artikeln aus der Berichterstattung auf heise online und zu den GesetzesentwĂĽrfen und -texten):
(Stefan Krempl) / (jk)