Mit Internet und viel Zorn will Dean US-Präsident werden

Noch nie hat ein Kandidat das Internet derart intensiv und erfolgreich für sich genutzt wie der einstige Gouverneur von Vermont.

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Von
  • Gabriele Chwallek
  • dpa

Niemand macht das besser als Howard Dean: Der 55-Jährige kann Pfannkuchen aus der Pfanne Meter hoch in die Luft wirbeln, um sie dann auf dem Teller landen zu lassen. Aber das ist es natürlich nicht, was dem einstigen selbst erklärten Außenseiter im Rennen um die demokratische Präsidentschaftskandidatur die derzeitige Spitzenreiterrolle eingebracht hat.

Sollte Dean es am Ende doch nicht schaffen, zum Herausforderer des Republikaners George W. Bush bei der November-Wahl gekürt zu werden, kann er trotzdem geradezu Geschichtsträchtiges vorweisen. Selten zuvor hat ein einzelner Präsidentschaftsbewerber schon vor Beginn der Vorwahlen derart viel Platz in den Medien besetzt wie Dean. Und niemals zuvor hat ein Kandidat das Internet derart intensiv und erfolgreich für sich genutzt wie der einstige Gouverneur von Vermont. Über 40 Webseiten sind dem früheren Arzt inzwischen gewidmet. Und binnen kurzer Zeit hat er mit Hilfe einer Internet-Fangemeinde über 40 Millionen Dollar an Spenden gesammelt.

Dabei hatten viele US-Amerikaner bis vor einem Jahr noch nie von dem Mann gehört, der elf Jahre Gouverneur des Ministaates Vermont mit gerade 610.000 Einwohnern war. Aber an Selbstbewusstsein hat es Dean, wie er auch selbst sagt, noch nie gemangelt. Wie ein Wirbelwind trat er im Frühjahr 2003 ins Rampenlicht und wurde mit seiner scharfen Anti-Bush-Rhetorik, seiner Opposition gegen den Irak-Krieg und seiner Kampfansage gegen das politische Washingtoner Establishment schnell zum Hoffnungsträger vieler liberaler Demokraten.

Es dürfte nicht nur an Deans politischer und populistischer Botschaft liegen, sondern auch an seinem Wesen, dass ihm die Medien schon früh viel Raum gewidmet haben. Er macht den Wahlkampf schlicht unterhaltsam. Er ist lebhaft, energisch und vor allem knallhart offen. Er ist häufig brüskierend, zornig, ja jähzornig, und das führt dazu, dass er immer wieder über das Ziel hinausschießt. So ist Bush für ihn der Anführer einer "radikalen rechtsgerichteten durchgeknallten Regierung". Die meisten Kongressmitglieder -- samt Parteikollegen -- würde er am liebsten "in die Wüste schicken". Viele politische Gegner sind für ihn boneheads -- absolute Dummköpfe. Bei derartiger Rhetorik muss Dean viel Zeit damit verbringen, Gesagtes "gerade zu ziehen" oder sich zu entschuldigen. Aber damit lässt er sich oft Zeit. Starrsinn gehört auch zu seinen Eigenschaften.

Viele Kritiker meinen, sein ungezügeltes Temperament mache ihn völlig ungeeignet für das Amt des Präsidenten, der schließlich sogar über den Einsatz von Atomwaffen entscheiden kann. Sie sehen in Dean zudem einen "unliebenswerten" Menschen ohne Charme und Humor. Dean und seine Anhänger weisen das entschieden zurück. Danach ist er ein Mann voller Wärme und Verantwortungsgefühl, aber halt nicht jemand wie der bisweilen volkstümliche Bush oder dessen Vorgänger Bill Clinton. Auffällig ist, dass sich Dean in der letzten Zeit etwas konzilianter gibt. Der "Feuer speiende Drache", wie er anfangs getauft wurde, spuckt zumindest sparsamer.

Siehe dazu auch in Telepolis:

(Gabriele Chwallek, dpa)/ (tol)