Mobilität der Zukunft: Forscher arbeiten an E-Motoren ohne Seltene Erden

Bei den Future Mobility Open Labs zeigten KIT und Universität Stuttgart eigene Forschung zu ressourcenschonender Produktion und emissionsfreiem Fahren.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 18 Kommentare lesen

(Bild: KIT Karlsruhe, InnovationCampus Mobilität (ICM))

Lesezeit: 5 Min.
Von
  • Silke Hahn
Inhaltsverzeichnis

Der InnovationsCampus des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) und der Universität Stuttgart hatte Tag der offenen Tür: Auf dem Campusgelände des KIT konnten Gäste Mitte Oktober in Karlsruhe bei den Future Mobility Open Labs den Forscherinnen und Forschern beider Universitäten über die Schulter schauen. Der Anspruch des ICM ist Mobilität, die in ihrer Nutzung und Produktion möglichst wenig Ressourcen verbraucht – wobei ökologische Verantwortung und ökonomische Wertschöpfung einander nicht ausschließen müssen, wie die Veranstaltung zeigen sollte.

Für den InnovationsCampus haben sich die beiden baden-württembergischen Universitäten KIT und Universität Stuttgart zusammengetan für interdisziplinäre Grundlagenforschung im Bereich der Mobilitäts- und Produktionstechnologien. Neue Ansätze bei der elektrischen Energieumwandlung für materialsparende und verschleißarme E-Motoren sind ein Projekt, das vor Ort präsentiert wurde.

Es gibt bereits Prototypen neuartiger Elektromotoren: Die Reluktanzmotoren sollen ohne Permanentmagneten und ohne Seltene Erden auskommen, was sie nachhaltig macht, wie Professorin Nejila Parspour von der Universität Stuttgart mitteilte. Sie leitet das Institut für Elektrische Energieumwandlung und kann auch erklären, weshalb solche Motoren noch nicht in Fahrzeugen eingesetzt werden: Bislang sei ihre Leistungsstärke noch zu gering. Der ICM arbeite allerdings daran, die Drehzahl der Motoren zu steigern.

Auch elektrisch erregte Motoren versprechen höhere Wirkungsgrade bei mittleren bis hohen Drehzahlen, was eine größere Reichweite für batteriebetriebene Fahrzeuge bedeutet. Zurzeit kommen in E-Autos nahezu ausschließlich permanenterregte Motoren mit Seltenen Erden zum Einsatz, da die elektrisch erregten Motoren noch relativ verschleißanfällig seien. Bei ihnen wird die Energie auf die Rotorwelle über Schleifringe übertragen, die sich stark abnutzen. Forschungsteams am ICM arbeiten daher an verschleißfreier induktiver Energieübertragung, durch die ein solcher Motortyp für die breite Fahrzeugmasse serientauglich würde. Die leichteren, effizienteren E-Motoren ohne Seltene Erden entwickelt der Forschungscampus für die lokale Fertigung in Baden-Württemberg, heißt es seitens Pressereferat.

Leichter, effizienter, leistungsfähiger, nachhaltiger: ICM entwickelt neuartige E-Motoren ohne Seltene Erden für die lokale Fertigung in Baden-Württemberg.

(Bild: Uli Regenscheit, Universität Stuttgart, ICM)

Auch Informationstechnik spielt eine wesentliche Rolle für die Fahrzeugflotten der Zukunft. So teilte Professor Eric Sax vom Institut für Technik der Informationsverarbeitung des KIT mit, dass sich im Fahrbetrieb selbst optimierende Software in Aussicht steht, die über "Luftschnittstellen" (OTA, over the air) Wissen erwirbt und weitergibt. Prototypen gebe es derzeit mit lernenden Busflotten, und erste Serien könnten ab 2025 auf die Straße kommen.

Die veränderten Techniken der Produkte ziehen auch Änderungen der Produktionsweise nach sich, daher steht der Mobilitätssektor vor großen Veränderungen. Anlagen, Maschinen und Prozesse der Fahrzeugbauer und Zulieferer werde sich anpassen müssen, bei der Produktion ließen sich Emissionen weiter einsparen. Gesucht seien flexible und möglichst universell einsetzbare Fertigungssysteme, die mit schnellen, automatischen Softwareupdates einhergehen. Laserbasierte Fertigungsverfahren seien dort hinein zu integrieren, wie Professor Thomas Graf vom Institut für Strahlwerkzeuge an der Universität Stuttgart berichtete. Ihm schwebt eine Art "Schweizer Taschenmesser der Fertigung" vor, das 3D-Druck, Schweißen, Schneiden, Bohren, Beschichten und Härten auf einer einzigen Anlage beherrscht. Dadurch ließe sich eine ortsunabhängige effiziente Produktion ohne Lagerhaltung oder lange, anfällige Logistikketten umsetzen.

Empfohlener redaktioneller Inhalt

Mit Ihrer Zustimmmung wird hier ein externes YouTube-Video (Google Ireland Limited) geladen.

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen (Google Ireland Limited) übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.

Über all diese Themen konnten Besucherinnen und Besucher der Future Mobility Open Labs sich persönlich einen Eindruck verschaffen. Wer nicht vor Ort war, kann auf der Website des KIT einen Bericht nachlesen, in dem weitere Protagonisten zu Wort kommen. Weitere Hinweise zu der Veranstaltung sind auch auf LinkedIn zu finden. Der nächste ICM-Tag soll 2023 in Stuttgart stattfinden.

Der InnovationsCampus Mobilität der Zukunft (ICM) ist ein Zusammenschluss von etwa 300 Forschenden in rund 60 Projekten von insgesamt 40 verschiedenen Instituten des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) und der Universität Stuttgart, die an neuen Mobilitätstechniken, Fertigungstechnologien und innovativen Produktionssystemen arbeiten. Der Forschungscampus gilt als eine der größten Initiativen für zukünftige Mobilität und Produktion in Deutschland.

Das KIT ist die Forschungsuniversität der Helmholtz-Gesellschaft. Ihr Ziel ist es, Beiträge in den Bereichen Energie, Mobilität und Information zu leisten. Am Karlsruher Institut für Technologie arbeiten rund 10.000 Menschen verschiedener Forschungsfelder zusammen, von Natur-, Ingenieur-, Wirtschafts- sowie Geistes- und Sozialwissenschaften ist ein breites Spektrum an Fachgebieten vertreten. Die Brücke zwischen Erkenntnis und Anwendung steht im Zentrum der Arbeit des KIT, und es ist eine der deutschen Exzellenzuniversitäten. Die Universität Stuttgart ist eine führende technisch orientierte Universität in Deutschland. Sie versteht sich als Knotenpunkt universitärer, außeruniversitärer und industrieller Forschung sowie als Garant einer auf Qualität ausgerichteten, forschungsgeleiteten Lehre. Den Transfer von Wissen und Technologien in die Gesellschaft fördert die Universität in ihren unterschiedlichen Bereichen. Der Stuttgarter Weg steht Sprechern der Universität zufolge für die interdisziplinäre Integration von Ingenieur-, Natur-, Geistes-, Wirtschafts- und Sozialwissenschaften auf der Grundlage disziplinärer Spitzenforschung. Hier haben das KIT und die Universität Stuttgart offenbar etwas gemeinsam.

Update

Informationen zur Universität Stuttgart ergänzt. Der InnovationsCampus ICM ist zu gleichen Teilen ein Projekt des KIT und der Universität Stuttgart, und der Tag der offenen Tür findet abwechselnd mal in Karlsruhe, mal in Stuttgart statt. Headline und Anriss sind entsprechend angepasst.

(sih)