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München mit großen BOS-Digitalfunk-Löchern

Peter-Michael Ziegler

Am Donnerstag soll der "Digitalfunk der Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben" in München in den erweiterten Probebetrieb übergehen. Allerdings funktioniert der BOS-Digitalfunk weder in der Münchner U- und S-Bahn noch in anderen sicherheitskritischen Bereichen.

"Das BOS-Digitalfunknetz [1] wird die behördenübergreifende Kommunikation sowohl im täglichen Einsatz als auch bei Großlagen sicherstellen", heißt es in einer offiziellen Beschreibung [2] der "Bundesanstalt für den Digitalfunk der Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben" (BDBOS [3]). In München allerdings, wo schon im August 2007 eine BOS-Referenzplattform [4] in Betrieb genommen wurde, kann von einer Sicherstellung der Kommunikation per Digitalfunk im täglichen Einsatz längst nicht die Rede sein. Denn wie die Süddeutsche Zeitung (SZ [5]) am Montag berichtet [6], funktioniert der BOS-Digitalfunk weder in der Münchner U- und S-Bahn noch in anderen sicherheitskritischen Bereichen wie der Allianz-Arena oder auf dem Messegelände. Auch seien Rettungsdienste und die Feuerwehr "nicht einmal mit den entsprechenden Geräten ausgestattet", heißt es bei der SZ.

Grund für die BOS-Digitalfunk-Löcher im Verantwortungsbereich der Münchner Verkehrsgesellschaft (MVG) ist offenbar vor allem fehlendes Geld [7]: "Eine Neuverkabelung des U-Bahnnetzes würde einen zweistelligen Millionenbetrag kosten, Insider sprechen von 25 Millionen. Deshalb sei entschieden worden, dass die Polizei im U-Bahnbereich weiterhin analog funken soll", schreibt die SZ. Für Münchner Polizisten bedeute dies, dass sie derzeit mit drei Endgeräten auf Streife gehen müssen: analoges Funkgerät, digitales Funkgerät und Handy. Ein von der SZ befragter Vertreter der Deutschen Polizeigewerkschaft reagierte entsprechend genervt: "Jeder will, dass die Polizei bei ihm aktiv ist, aber keiner will zahlen." Für die Bereiche Allianz-Arena und Messe Riem würden zumindest "Gespräche laufen".

Bayerns Innenstaatssekretär Gerhard Eck will am Donnerstag [8] den Startschuss für den erweiterten Probebetrieb des BOS-Digitalfunks in München geben – geplant war dieser eigentlich schon für 2008 [9] (PDF-Datei). Um den erweiterten Probebetrieb "keinen Risiken zu unterwerfen", wurde laut Innenministerium [10] (PDF-Datei) beim diesjährigen Oktoberfest "auf eine nochmalige digitale Begleitung und Unterstützung des Einsatzes der Sicherheits- und Hilfskräfte verzichtet". Allerdings habe das Polizeipräsidium München eine mobile Basisstation (mBS) des Landes Baden-Württemberg gestestet, um auf die in den Vorjahren gewonnenen "einsatztaktischen Vorteile des digitalen Behördenfunks" nicht vollständig verzichten zu müssen. Auf der Wiesn hatte es erstmals im Jahr 2007 geheißen: Oans, Zwoa, BOS-sa. [11] (pmz [12])


URL dieses Artikels:
https://www.heise.de/-1148126

Links in diesem Artikel:
[1] https://www.heise.de/news/Motorola-gewinnt-bislang-groesste-BOS-Funk-Ausschreibung-967627.html
[2] http://www.bdbos.bund.de/cln_090/nn_985774/DE/Bundesanstalt/Projekt__Digitalfunk/projekt__digitalfunk__node.html?__nnn=true
[3] http://www.bdbos.bund.de
[4] https://www.heise.de/news/Bayern-forciert-Netzaufbau-fuer-digitalen-Polizeifunk-131685.html
[5] http://www.sueddeutsche.de
[6] http://www.sueddeutsche.de/muenchen/muenchen/vermischtes/digitalfunk-in-muenchen-retter-im-funkloch-1.1032466
[7] https://www.heise.de/news/Start-des-BOS-Funk-Regelbetriebs-weiter-ungewiss-940787.html
[8] http://www.stmi.bayern.de/presse/archiv/2010/458.php
[9] http://www.stmi.bayern.de/imperia/md/content/stmi/sicherheit/inneresicherheit/diginet/info_by_0801.pdf
[10] http://www.stmi.bayern.de/imperia/md/content/stmi/sicherheit/inneresicherheit/diginet/infobriefe/infobrief10_bf.pdf
[11] https://www.heise.de/news/Oans-Zwoa-BOS-sa-Behoerden-Digitalfunk-auf-dem-Oktoberfest-181071.html
[12] mailto:pmz@ct.de