Mussawi twittert: "Ich bin bereit zum Märtyrertum"

Die Auseinandersetzungen zwischen Demonstranten und Sicherheitskräften in Teheran spitzen sich zu, es wird geschossen, die Lage ist unübersichtlich.

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Von
  • Florian Rötzer

Nicht nur in Teheran, sondern auch in anderen Städten wie in Isfahan, Ahwaz, Mashad oder Shiraz sind die Menschen trotz des Verbots und der Ankündigung, hart gegen die als illegal erklärten Demonstrationen vorzugehen, auch heute auf die Straße gegangen. Ebenso wie in Teheran scheint es auch in diesen Städten zu gewaltsamen Auseinandersetzungen gekommen zu sein. Da das iranische Regime die Berichterstattung ausländischer Medien weitgehend unterbunden hat, gleicht die Informationslage eher einer Gerüchteküche von einzelnen Berichten, die oft erst einmal nicht unabhängig bestätigt werden können, und einigen Bildern und Videos, die trotz der Einschränkung des Internet ins Ausland gelangen.

Wie eine Analyse von Arbor zeigt, wurde kurz nach den Präsidentschaftswahlen der Kommunikations- und Informationsfluss über das Internet massiv eingeschränkt, auch wenn, anders als in Burma während der Unruhen, das Internet nicht völlig gekappt wurde. Ab dem 13. Juni ist der gesamte Internetverkehr mit dem Ausland auf ein Drittel der normalen Stärke durch Filter im iranischen Firewall geschrumpft, Videos kommen kaum mehr durch. Auch die Email-Kommunikation ist nur noch stark eingeschränkt möglich. Interessant ist, dass bei den Anwendungen neben Flash und Bittorrent primär SSH, ein sicheres Internetprotokoll, gesperrt wurde.

Wie man den Blogs, Twitter-Accounts und Medienberichten entnehmen kann, haben sich die Proteste mittlerweile zu Straßenkämpfen entwickelt. Es wird in Teheran geschossen, es gab erste Tote und Verwundete. Neben einem massiven Aufgebot von staatlichen Sicherheitskräfte stehen die paramilitärisch organisierten Basidsch-Milizen, religiöse Hardliner, an vorderster Front und versuchen die Menschen mit Gewalt einzuschüchtern. Nach dem Bericht eines BBC-Korrespondenten hängt schwarzer Rauch wegen zahlreicher Feuer über dem Stadtzentrum und bilden sich auch große Protestzüge, weil die Polizei nicht überall sein könne.

Nach anderen Berichten sind an manchen Orten in Teheran die Protestierenden in der Lage gewesen, die Sicherheitskräfte zurückzudrängen. Allein am Revolutionsplatz sollen 20.000 Sicherheitskräfte und Basidsch-Milizen aufmarschiert sein und 3.000 Demonstrierenden gegenüber stehen. Auf Videos wie diesem kann man chaotische Szenen auf den Straßen Teherans sehen, es gibt Tumulte, Schüsse sind zu hören. Menschen blockieren Straßen und zünden Feuer an.

Der Präsidentschaftskandidat soll auch unterwegs gewesen sein und den Menschen gesagt haben, sie sollten die Arbeit niederlegen, wenn er festgenommen werden sollte. Auf einem ihm zugeschriebenen Twitter-Account steht ebenfalls: "Ich bin bereit zum Märtyrertum. Beginnt mit einem Streik, wenn ich verhaftet werde."

Wie die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch berichtet, sind neben zahlreichen Oppositionellen bereits viele bekannte politische Persönlichkeiten in Haft genommen worden.

Rätselhaft ist noch immer, wer hinter dem Selbstmordanschlag auf den Schrein des Ajotallah Chomeini steht, bei dem neben dem Attentäter zwei Menschen getötet und acht weitere verletzt wurden.

Siehe dazu auch in Telepolis: Grüne Revolution: Heute könnte im Iran der entscheidende Tag sein (fr)