LNG: So viel machen die ersten Importe im Gesamtvergleich aus

Das erste in Deutschland importierte LNG taucht inzwischen in den Statistiken auf. Doch wird es neben Versorgungssicherheit auch wieder günstige Preise geben?

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Die FSRU "Höegh Esperanza" am LNG-Terminal in Wilhelmshaven

Die FSRU "Höegh Esperanza" am LNG-Terminal in Wilhelmshaven

(Bild: Nds. Staatskanzlei)

Lesezeit: 6 Min.
Inhaltsverzeichnis

Nach der Aufnahme des Betriebs des ersten deutschen Flüssigerdgasterminals in Wilhelmshaven tauchen die Gasimporte von der Nordsee inzwischen auch in den Statistiken der Bundesnetzagentur auf. Mit bis zu 189 Gigawattstunden Erdgas pro Tag leistet das schwimmende Terminal zwar bereits einen sichtbaren Beitrag zu den Gesamtgasimporten in Deutschland. Doch der Blick auf die Grafik zeigt auch: Gemessen an den täglichen deutschen Gesamtimporten im Januar zwischen knapp 3000 und 3300 Gigawattstunden ist das noch ein kleiner Anteil. Neben dem Bewahren der Versorgungssicherheit interessiert die Gaskunden aber natürlich vor allem die Frage, mit welchen Gaspreisen sie in Zukunft rechnen müssen und ob die LNG-Terminals hier ebenfalls zur Verbesserung beitragen.

Fest steht: Der Anteil der LNG-Importe in Deutschland wird noch kräftig wachsen. Wilhelmshavens erstes Terminal hat mit Mitteilung vom 17. Januar gerade erst den Regelbetrieb erreicht. Das komplett private LNG-Terminal in Lubmin befindet sich im Testbetrieb. Noch in diesem Monat soll auch in Brunsbüttel ein LNG-Terminal ans Netz gehen – für Freitag wird dort die Ankunft des schwimmenden Terminals namens "Höegh Gannet" erwartet. In Stade und an einem weiteren Standort in Lubmin sollen Ende 2023 weitere Terminals starten. Ein zusätzliches Terminal ist für Wilhelmshaven in Planung – es soll ebenfalls ab Ende 2023 einspeisen. Für mehrere Terminals ist geplant, die schwimmende Übergangslösung durch Landterminals zu ersetzen. Alle genannten Terminals haben eine nahezu identisch hohe Importmenge von etwa 155 Gigawattstunden Gas pro Tag.

Zumindest bei den Projekten, für die der Staat eine schwimmende Regasifizierungsanlage (Floating Storage and Regasification Unit, FSRU) gechartert hat, darf die Inbetriebnahme als sehr wahrscheinlich angesehen werden. Die fünf FSRUs sind hierzu jetzt unter dem Dach einer neu gegründeten bundeseigenen Gesellschaft gebündelt worden, der Deutsche Energy Terminal GmbH. Sie soll den technischen und kommerziellen Betrieb der Terminals verantworten, was laut Bundeswirtschaftsministerium auch bedeute, dass sie sicherstellt, dass die landseitige Infrastruktur errichtet wird. Eine weitere Funktion der Gesellschaft sei, dass sie als Schnittstelle zwischen Gashändlern, Schiffseignern, Hafen- und Netzbetreibern sowie Genehmigungsbehörden fungieren soll.

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Infolge höherer Versorgungssicherheit und dem Ausgleich weggefallener russischer Gaslieferungen rechnen Energieexperten für die Jahre 2025/26 mit einer Entspannung bei den Gaspreisen. Ob diese allerdings jemals wieder auf das Niveau vor Beginn der Coronapandemie zurückkehren, ist umstritten.

Der russische Angriffskrieg in der Ukraine Anfang 2022 kam zu einer Zeit, als die Energiemärkte bereits im Krisenmodus waren. Schon vorher stiegen die Preise an. Die Coronapandemie mit ihrem wirtschaftlichen Einbruch hinterließ im Jahr 2021 dann ein Chaos, weil zuerst die Nachfrage nach Gas global einbrach, was unter anderem die Gasförderung in den USA teilweise unrentabel machte. Als die Produktion gedrosselt wurde, erwachte die Welt allmählich wieder aus dem Dornröschenschlaf. Die Folge war eine hohe Nachfrage bei einem nur langsam wieder hochfahrbaren Angebot. So waren die Großhandelspreise für Gas deshalb schon vor dem Krieg in der Ukraine auf einem hohen Niveau.

Dann traf Krise auf Krise: Der Krieg und die Wirtschaftssanktionen, in deren Verlauf Russland im Sommer 2022 die Gaslieferungen nach Deutschland über die Ostsee-Pipeline Nord Stream 1 einstellte und schließlich die Zerstörung der Rohrverbindung im September sorgten für Alarmstimmung und explodierende Preise. Hinzu kam, dass die europäischen Länder im Rekordtempo und zu hohen Preisen den Gasmarkt leer kauften, um die Speicher für den Winter zu füllen. Der milde Winterverlauf, der für weiterhin hohe Füllstände der Gasspeicher sorgt, hat die Lage an den Märkten zumindest insoweit beruhigt, dass die Preise aktuell das Vorkriegsniveau erreicht haben – allerdings mit weiterhin deutlichen Schwankungen.

Das Energiewirtschaftliche Institut an der Universität zu Köln (EWI) machte die weitere Entwicklung der Gaspreise in einer Analyse im Juli 2022 auch davon abhängig, wie sich die Lieferbeziehungen zu Russland künftig entwickeln. Zu der Zeit war Nord Stream 1 noch intakt. Allerdings könnten Gaslieferungen in Zukunft weiterhin auf dem Landweg über Transitländer erfolgen. Dies passiert auch aktuell, ist in den Statistiken der Bundesnetzagentur aber nicht aufgeschlüsselt, da jeweils die Länder genannt sind, aus denen die Gasflüsse eintreffen – in dem Fall also Nachbarländer wie Österreich oder Polen. In Russland wird auch eine Inbetriebnahme der verbliebenen intakten Röhre von Nord Stream 2 für möglich gehalten. Parallel dazu wird in Moskau geprüft, ob und wie Nord Stream 1 instand gesetzt werden kann. Dies könnte auch daran liegen, dass Russland laut EWI den Wegfall der Gasexporte nach Europa nur teilweise durch höhere Exporte nach Asien kompensieren kann. Auf Unterstützung durch die westlichen Regierungen wird Russland allerdings im Lichte des Krieges gegenwärtig kaum hoffen können.

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Ohne russische Gasimporte in Europa geht das EWI von einem Preisniveau aus, das auf jeden Fall über dem historischen Großhandelspreis von rund 24 Euro pro Megawattstunde im Jahr 2018 liegen wird. Der zweite große Faktor neben den LNG-Terminals, der den Preis dämpfen könnte, ist die Gasnachfrage. Hierfür müsste allerdings der Verbrauch um mindestens ein Drittel sinken – der aktuelle Sparappell der Bundesagentur, den Gesamtverbrauch im Vergleich zum Vorkriegsniveau um 20 Prozent zu senken, könnte damit zum Dauerzustand werden.

In dem Artikel ist eine interaktive Grafik eingebunden, die über den Berliner Dienstleister Datawrapper erstellt und ausgeliefert wird. Zum Datenschutz bei Datawrapper siehe deren Datenschutzerklärung. Persönliche oder personenbeziehbare Daten von Leserinnen und Lesern der interaktiven Charts werden nicht gesammelt.

(mki)