Napster blockiert nicht-lizenzierte Musikstücke (Update)

Die Musik-Tauschbörse will freiwillig Filter einführen, um das Tauschen nicht-lizenzierter Songs zu unterbinden; eine endgültiges Urteil des Gerichts soll in Kürze folgen.

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Von
  • Jürgen Kuri

In einer Art vorauseilendem Gehorsam will die Musik-Tauschbörse Napster Filter einführen, die das Tauschen bestimmter Songs blockieren sollen. Wie Napster-Anwalt David Boies während der gerichtlichen Anhörung am heutigen Freitag erklärte, will der Dienst die Filter schon dieses Wochenende aktivieren. Informationen über angeblich 5.600 Stücke, die ausgefiltert werden sollen, hat Napster von Plattenlabels erhalten, weitere von einzelnen Bands wie Metallica oder dem Rapper Dr. Dre. Nach ersten Schätzungen des Dienstes würde das Sperren dieser Stücke – insgesamt sollen die Listen 6.500 Songs umfassen – die Blockade für im Schnitt rund eine Million normalerweise zum Tausch bereitstehender MP3-Dateien bedeuten.

Napster habe eine Technik entwickelt, um einzelne Dateinamen zu überwachen und je nach Bedarf aus den Angebotslisten der Napster-Server ausschließen zu können, erklärte Boies. Zwischen dem Upload einer MP3-File-Liste durch einen Napster-User und dem Aufnehmen der Dateien in den Index von Napster habe man einen Zwischenschritt geschaltet, der die Dateilisten auf die zu blockierenden Songs untersuche und diese vom Tauschen über Napster ausschließe. Bislang hat Napster allerdings immer erklärt, eine Blockierung einzelner Songs sei technisch nicht möglich. In dem Verfahren gegen die Tauschbörse vor dem zuständigen Bezirksgerichts Nord-Kalifornien forderte die Musikindustrie dagegen genau dies: Napster solle durch technische Maßnahmen das Tauschen nicht-lizenzierter Musikstücke unterbinden.

Die Labels können sich dabei auf das Urteil des Berufungsgerichts stützen. Dieses hatte zwar die Entscheidung der ersten Instanz kassiert, Napster müsse vollständig vom Netz; allerdings soll das Bezirksgericht die einstweilige Verfügung dahingehend modifizieren, dass Napster das nach Meinung des Gerichts illegale Tauschen unterbinden muss. Was dies im einzelnen zu bedeuten hat, darum drehte sich die heutige Verhandlung. Die Musikindustrie will nur einzelne Song-Titel benennen; Napster wäre nach diesen Vorstellungen dann dafür verantwortlich, dass die entsprechenden MP3-Dateien, unabhängig vom Dateinamen, gesperrt würden. Napster dagegen fordert von der Musikindustrie, sie solle nicht nur Listen mit Musikstücken liefern, sondern mit den genauen Dateinamen, die der Dienst dann sperren könne.

Grundsätzlich kommt Napster mit der Einführung der Filter immerhin den Forderungen der Musikindustrie entgegen, die verlangte, der Dienst solle alle Songs sperren, über deren illegalen Tausch er von den Inhabern der Rechte informiert wird. Ob die Maßnahmen von Napster allerdings der Richterin Marilyn Hall Patel genügen, ist bislang nicht deutlich geworden. Patel fällte nach Ende der Verhandlung am späten Freitagabend deutscher Zeit noch kein abschließendes Urteil, kündigte jedoch an, bald eine überarbeitete Fassung ihrer einstweiligen Verfügung gegen das Unternehmen vorzulegen. "Wir akzeptieren das", betonte Boies. "Napster wird die Datei-Namen [nach geschützten Titeln] durchforsten." US-Rechtsexperten rechneten bereits zuvor nicht mit einer allzu schnellen Neufassung der einstweiligen Verfügung, da Patel erst alle technischen Aspekte prüfen dürfte, damit ihre Entscheidung nicht erneut kassiert wird. Napster hatte schon zuvor Berufung angekündigt und eine Anhörung vor dem vollständig besetzten Berufungsgericht beantragt, um die Entscheidung der zweiten Instanz nochmals überprüfen zu lassen.

Der Verband der amerikanischen Plattenindustrie (RIAA) lehnte während der Verhandlung erneut das Angebot von Napster ab, für die nächsten fünf Jahre eine Milliarde US-Dollar für eine Zusammenarbeit und die Beilegung des Rechtsstreits zu zahlen. Napster solle Honorare mit den Plattenfirmen einzeln aushandeln, meinte die RIAA-Chefin Hillary Rosen. Zur technischen Herausforderung, geschützte Titel herauszufiltern, sagte Rosen: "Wir sind bereit zu helfen." Die Napster-Vertreter wiesen vor Gericht zum wiederholten Male darauf hin, dass die Tauschbörse einen kostenpflichtigen Abo-Service einführen werde, bei dem sich – je nach Stufe der Mitgliedschaft – einschränken ließe, was die User mit den MP3-Dateien anstellen und wie viele Songs sie maximal tauschen könnten.

Siehe dazu auch den Artikel Der Metallica-Filter in Telepolis. (jk)