Netzbetreiber beobachten Googles Ambitionen im Zugangsgeschäft

Noch ziert sich Google, offiziell in das Rennen um die zur Auktion stehenden Frequenzen für kabellose Breitbandzugänge einzusteigen. Die Branche beobachtet jede Bewegung des Suchmaschinenbetreibers genau.

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Wenn die US-Kommunikationsaufsicht im Januar freigewordene Frequenzen im 700-MHz-Spektrum versteigert, gilt das als eine der letzten Chancen, noch auf dem weitgehend verteilten Mobilfunk- und Zugangsmarkt Fuß zu fassen. Das Interesse an der Auktion ist groß. Während die etablierten Player – Netzbetreiber und Kabelriesen – ihr angestammtes Terrain verteidigen und ausbauen wollen, stehen namhafte Neulinge mit gefüllten Taschen bereit, die ihre Chancen in einer konvergenten Medienwelt auch im Zugangsgeschäft suchen. Etablierte Größen wie Yahoo und Apple werden als potenzielle Interessenten gehandelt. Von der traditionellen Zugangsbranche skeptisch beäugt wird ein weiterer ernstzunehmender Kandidat, der aus seinen Mobilfunkambitionen keinen Hehl macht: Google mal wieder.

Der Suchmaschinenriese hat sein Interesse an den Frequenzen nie dementiert, im Gegenteil. Google gehört zu den Befürwortern der Netzneutralität und forderte zusammen mit anderen Inhalteanbietern, zumindest ein Teil des Spektrums müsse für die Angebote Dritter offen gehalten werden. Dienste- und Inhalteanbieter fürchten, die Netzbetreiber könnten den ungehinderten Zugang zu ihrer Infrastruktur künftig an die Meistbietenden verkaufen und deren Konkurrenten ausbremsen. Dem könnten die Inhalteanbieter mit einer eigenen Zugangsinfrastruktur begegnen. Allerdings dürfte sich Google auch für das Umsatzpotenzial kabelloser Breitbandzugänge interessieren.

Noch hat sich Google nicht offiziell zu einem Gebot bekannt. Bis zum 3. Dezember können sich potenzielle Bieter bei der Federal Communications Commission (FCC) für die Auktion registrieren, die am 24. Januar 2008 beginnen soll. Im Hintergrund laufen derweil sämtliche Vorbereitungen. Googles Kriegskasse ist prall gefüllt, bis zu 4,6 Milliarden US-Dollar will der Konzern in die Frequenzen stecken – möglicherweise auch mehr. Auch für den superreichen Suchmaschinenbetreiber ist das eine Summe, deren Finanzierung organisiert sein will.

Gleichzeitig testet das Unternehmen moderne Funktechnik am Stammsitz Mountain View und bereitet sich auf den Einstieg in den Mobilfunkmarkt vor, berichtet das Wall Street Journal unter Berufung auf Konzernkreise. Dass Google es damit Ernst meint, unterstreicht auch Android, die Brancheninitiative für eine offene Software-Plattform für Handys. Auch sonst ist Google offenbar perfekt vorbereitet. Selbst die mögliche Irrationalität, die sich auf so einer Auktion Bahn brechen kann (man erinnere sich an die deutsche UMTS-Versteigerung), bezieht der Konzern ein. Bei der Entwicklung der Auktionsstrategie sollen Spieltheoretiker helfen, schreibt das WSJ.

Sollte mit Google tatsächlich ein mächtiger neuer Player auf den Plan treten, erwarten Branchenexperten weitreichende Auswirkungen auf den US-Mobilfunkmarkt. Google habe die Cance, sich als großer Netzbetreiber zu etablieren. Das zur Auktion stehende Spektrum eigne sich besonders gut für den flächendeckenden Ausbau von Zugangsnetzen. Die Frequenzen tragen weit, was den Einsatz weniger Sendeanlagen ermöglicht. Doch riskiert Google damit eine Verschärfung des schon hinreichend angespannten Verhältnisses mit den Carriern. In der Debatte um Zugang und Netzneutralität hat sich der Suchmaschinenbetreiber klar positioniert und vertritt seine Interessen auch in Washington mit Nachdruck – gegen die Netzbetreiber.

"Wenn Google zum Netzbetreiber wird, steigt der Wettbewerbsdruck auf die Incumbents", sagt Analystin Nadine Manjaro von ABI Research. Die angesprochenen Netzbetreiber warnen unter vorgehaltener Hand noch etwas spöttisch, Google solle die Herausforderung, ein Netzwerk zu betreiben und im Endkundengeschäft zu bestehen, nicht unterschätzen. Auch Manjaro glaubt aus diesem Grund, dass sich Google mit einem Netzbetreiber verbündet: "Sie haben keine Erfahrung mit dem Betrieb eines Netzwerks, das ist nicht einfach zu machen". Dagegen glaubt Analyst Blair Levin von Stifel Nicolaus & Co., "weil es Google ist, wegen ihrer Markenmacht und weil sie Netzwerke wirklich gut verstehen, könnte es funktionieren." (vbr)