Netzneutralität: US-Staatsanwalt untersucht Manipulation des Verfahrens
Zwielicht fällt auf das US-Verfahren zur Abschaffung der Netzneutralität: Die öffentliche Konsultation ist durch hunderttausende Fake-Eingaben beeinträchtigt. US-Demokraten fordern die Verschiebung der entscheidenden Abstimmung.
In den USA steht die Netzneutralität vor dem Aus. Die entscheidende Abstimmung in der Regulierungsbehörde FCC ist für den 14. Dezember angesetzt. Doch Eric Schneiderman, Demokratischer Justizminister und oberster Staatsanwalt des Staates New York, fordert die FCC zu einer Vertagung auf. Denn offenbar wurde deren Verfahren massiv manipuliert. Schneiderman ermittelt.
Ein wichtiger Teil des FCC-Verfahrens war eine öffentliche Konsultation. Jedermann konnte sich einbringen und inhaltliche Gründe sowie rechtliche Argumente vorbringen. Jede Eingabe wurde Teil des offiziellen Akts und kann zur Begründung der Entscheidung herangezogen werden sowie bei einer eventuellen späteren gerichtlichen Überprüfung eine Rolle spielen. Meistens beteiligen sich vor allem Insider, doch die geplante Abschaffung der Netzneutralität hat Millionen von Eingaben hervorgerufen.
Fremde Identitäten missbraucht
Allerdings dürfte ein Teil dieser Eingaben, sowohl für als auch gegen die Netzneutralität, nicht echt gewesen sein: "Die Untersuchung meiner Behörde hat ergeben, dass dieses Verfahren intensiv manipuliert wurde", berichtete Schneiderman am Montag, "Mit einer Million Kommentare, die mit gestohlenen Identitäten echter Personen eingereicht worden sein könnten." Monatelang habe sich die FCC geweigert, die Untersuchung der New Yorker Staatsanwaltschaft zu unterstützen.
Lesen Sie dazu: Die 3 Gebote der Netzneutralität
Erst am Montag, kurz vor Schneidermans Pressekonferenz, habe die FCC mitgeteilt, vielleicht doch zu kooperieren. "Wir werden sie beim Wort nehmen. Und in der Zwischenzeit ist entscheidend, dass die FCC die Abstimmung verschiebt bis wir wissen, was gesehen ist", so Schneiderman.
Eine halbe Million russischer Absender
"Die FCC ist dabei, die Netzneutralität unter der Richtungsweisung eines Aktes abzuschaffen, der durch hunderttausende Eingaben gestohlener Identitäten, fast einer halben Million Kommentare von russischen E-Mail-Adressen, und dem Verdacht einer DDOS-Attacke korrumpiert ist", sagte das Demokratische FCC-Mitglied Jessica Rosenworcel. "Das ist inakzeptabel. Die Integrität des öffentlichen Aktes ist wichtig. Die FCC muss dieser Sauerei auf den Grund gehen. Es sollte keine Abstimmung geben, bis eine verantwortungsvolle Untersuchung abgeschlossen ist."
Vergangenen Mittwoch hat die New Yorker Staatsanwaltschaft eine Webseite online gestellt, die nach Eingabe eines Namens alle Kommentare anzeigt, die unter diesem Namen in das FCC-Verfahren eingebracht wurden. In nur fünf Tagen hätten bereits 3.200 Personen gemeldet, dass unter unzulässiger Verwendung ihrer Daten Eingaben gemacht wurden. 350 dieser bislang bekannten Betroffenen sind Einwohner New Yorks.
50.000 Kommentare fehlen
Daraufhin haben auch 28 Demokratische US-Senatoren den Republikanischen FCC-Chef Ajit Pai dazu aufgerufen, die Abstimmung über die Netzneutralität zu verschieben. Sie ersuchen die FCC, zu klären, ob tatsächlich Bots hunderttausende Kommentare eingereicht haben. Gleichzeitig seien offenbar 50.000 echte Eingaben unterschlagen worden.
Die Republikanische Seite hat fragwürdige Beiträge eingeräumt. Sie will aber an ihrem Fahrplan zur Abschaffung der Netzneutralität festhalten. Rechtlich gesehen muss die Behörde nur substanzielle Kommentare in Betracht ziehen. Fragwürdige Eingaben dürfen daher ignoriert werden, sofern sie keine neuen juristischen Argumente enthalten.
(ds)