Frist zu EU-weiter Produkthaftung fĂĽr Hard- und Software beginnt

Die reformierte Produkthaftungsrichtlinie tritt in Kraft. Sie schafft einen Rahmen fĂĽr SchadenersatzansprĂĽche bei fehlerhaften Produkten auch im IT-Bereich.

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 EU-Fahnen vor dem Gebäude des Europäischen Parlaments in Brüssel.

(Bild: artjazz/Shutterstock.com)

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Die Novelle der Produkthaftungsrichtlinie, auf die sich die EU-Gesetzgebungsgremien voriges Jahr einigten, tritt am Sonntag in Kraft. Sie bildet erstmals die Basis fĂĽr einen breiten Rahmen fĂĽr SchadenersatzansprĂĽche bei fehlerhaften Produkten auch im Bereich Soft- und Hardware.

Die neuen Vorschriften gelten für alle Waren – von herkömmlichen Haushaltsgegenständen und Elektrogeräten über digitale Produkte bis hin zu komplexeren Technologien wie Robotern und Smart-Home-Systemen. Sie müssen nun innerhalb von zwei Jahren in nationales Recht der Mitgliedstaaten umgesetzt werden. Die EU-Gesetzgeber reagierten mit der Initiative vor allem auf die Zunahme des weltweiten Online-Shoppings, die verstärkte Verbreitung von Techniken wie Künstlicher Intelligenz (KI) sowie auf die laufende Umstellung auf die Kreislaufwirtschaft.

Mit der im Oktober im EU-Amtsblatt veröffentlichten Novelle des über 40 Jahre alten Vorgängers haben das Parlament und der Ministerrat die Regeln für die Entschädigung von Personen- und Sachschäden sowie Datenverlusten, die durch unsichere Produkte verursacht werden, modernisiert und verstärkt.

Die Reform soll auch der wachsenden Zahl von Produkten auf dem Binnenmarkt Rechnung tragen, die außerhalb des Europäischen Wirtschaftsraums hergestellt werden. So schreibt die Richtlinie nun etwa vor, dass Hersteller immer einen Wirtschaftsbeteiligten in der EU benennen müssen, von dem Geschädigte Schadenersatz verlangen können. Das gilt auch für online vertriebene Produkte.

Bei den ausdrücklich erfassten Computerprogrammen ist es unerheblich, ob die Software auf einem Gerät installiert ist oder als Service etwa über die Cloud bereitgestellt wird. Bei Fehlern von Embedded Software haften neben dem Endhersteller auch Zulieferer von Komponenten. Darunter können etwa verbundene Dienste wie Sprachassistenten fallen. Eine Bereichsausnahme besteht – ähnlich wie beim Cyber Resilience Act (CRA) – für Open Source: Um Innovation und Forschung nicht zu behindern, sind Entwickler freier und quelloffener Software, die außerhalb einer gewerblichen Tätigkeit entstanden ist und nicht kommerziell angeboten wird, von der Haftung befreit.

Neu ist zudem: Solange ein Hersteller in der Lage ist, Software-Updates zur Verfügung zu stellen, übt er die Kontrolle aus und kann für auftretende Fehler wie den Verstoß gegen berechtigte Sicherheitserwartungen verantwortlich gemacht werden. Es gilt eine verlängerte Haftpflichtzeit von 25 Jahren in Fällen, in denen Symptome erst langsam auftreten. Die EU-Abgeordneten drängten anfangs sogar auf bis zu 30 Jahre. Die EU-Kommission, welche die Novelle 2020 auf den Weg brachte, versichert: "Die Richtlinie gewährleistet sowohl für Unternehmen als auch für Verbraucher faire und berechenbare Vorschriften." Die Brüsseler Regierungsinstitution will eine öffentlich zugängliche EU-Datenbank mit Gerichtsurteilen zu Produkthaftungsfällen einrichten, um die Konsumenten besser über die Anwendung der neuen Vorgaben und die Entwicklung der Rechtsprechung zu informieren.

(nie)