Neues Postgesetz macht Briefzustellung langsamer

Nach 27 Jahren haben Bundesregierung und Länder das Postgesetz reformiert. Ab 2025 fällt unter anderem die Pflicht der Zustellung am nächsten Tag weg.

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Noch werden viele Briefkästen täglich geleert – aber die Zustellung kann ab 2025 länger dauern.

(Bild: Lutsenko_Oleksandr/Shutterstock.com)

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  • dpa
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Wer auf Briefe wartet, braucht im kommenden Jahr mehr Geduld als bislang. Nach dem Bundestag stimmte am Freitag auch der Bundesrat für die Reform des veralteten Postgesetzes, das letztmals 1997 grundlegend novelliert worden war. Damals war es häufig noch wichtiger als heute, dass Briefe besonders schnell ankommen. Daher gab es jahrzehntelang die Vorgabe, dass 80 Prozent der heute eingeworfenen Sendungen am nächsten Werktag beim Empfänger sind und 95 Prozent am übernächsten Werktag.

Inzwischen hat sich die Alltagskommunikation völlig verändert. Die Menschen setzen auf Mails und Chats statt auf Briefe. Weil die allermeisten Briefe inzwischen eben keine eilige Angelegenheit mehr sind, wird der Zeitdruck gesenkt: Der 80-Prozent-Zustellwert für den ersten Werktag nach Einwurf fällt weg und der 95-Prozent-Wert wird vom zweiten auf den dritten Werktag geschoben. Neu ist die Pflicht, 99 Prozent der heute eingeworfenen Briefmenge vier Werktage später abgeliefert zu haben. Weil der Zeitdruck sinkt, kann der Bonner Konzern seine Kosten drücken. Seine Briefbeförderung per Flugzeug im Inland hat er wegen der Gesetzesreform bereits eingestellt und dadurch Geld eingespart und obendrein seine CO2-Bilanz verbessert.

Droht also schon ab Januar eine lange Wartezeit für die Verbraucherinnen und Verbraucher? Nein, sagt Post-Chef Tobias Meyer. Die Laufzeit von Briefen – also die Dauer bis zur Ankunft beim Empfänger – werde sich Anfang 2025 "nicht schlagartig" verändern, sondern es werde einen graduellen Übergang geben. Der Übergang werde ein bis zwei Jahre dauern. Das hieße, dass Briefe in manchen Regionen noch 2026 recht schnell zugestellt werden. Meyer betonte, dass es sich um Mindestvorgaben handele und dass der tatsächliche Wert auch höher liegen könnte. "Es bringt uns nichts, auf einem Haufen von Briefen herumzusitzen und zu warten, bis die Zeit rum ist." Weil man im Digitalzeitalter weniger Briefe habe, könne man schneller sortieren.

Wer es beim Briefversand auch im Digitalzeitalter eilig hat, kann derzeit einen sogenannten Prio-Brief versenden – der soll am nächsten Werktag da sein und kostet einen Aufschlag von 1,10 Euro. Diese Versandart fristet ein Nischendasein. Das liegt auch daran, dass derzeit ja die meisten Standardbriefe recht schnell befördert werden und der zeitliche Vorteil des Prio-Briefs gering ist. Ab 2025 könnte dieser Vorteil größer werden und die Nachfrage steigen. Allerdings muss bei dieser Sendungsart ab Januar Mehrwertsteuer abgeführt werden, was bisher nicht galt. Das mache ihn "deutlich teurer", sagte Meyer und fügte hinzu, man müsse daher überlegen, ob man ihn überhaupt noch weiter anbieten werde. Künftig könnte es nur noch das Einschreiben geben, bei dem ein schnellerer Versand vorgesehen ist. Ein Standardbrief, der als Einwurfeinschreiben versandt wird, kostet 3,20 Euro; der Prio-Standardbrief nur 1,95 Euro.

Im Rahmen der Reform wird die Funktion der Bundesnetzagentur gestärkt, sie kann künftig Bußgelder verhängen und damit den Druck auf die Post erhöhen. "Das neue Postgesetz verschafft der Bundesnetzagentur die notwendigen Instrumente", sagte Behördenchef Klaus Müller. "Wir werden diese Instrumente nutzen und auch weiterhin eine zukunftsfähige Postversorgung und einen fairen Wettbewerb sicherstellen." In den vergangenen zwei Jahren waren bei der Bonner Behörde ungewöhnlich viele Beschwerden von Bürgern über die Deutsche Post eingegangen. Hierbei konnte die Netzagentur letztlich nur mahnend den Zeigefinger heben und grimmig auf den in der Nähe gelegenen Post-Tower blicken – ein scharfes Schwert hatte sie nicht. Dies ändert sich nun etwas.

Das Beschwerdelevel liegt noch immer hoch: Von Januar bis Mai 2024 gingen bei der Netzagentur ihren Angaben zufolge rund 17.000 Beschwerden über die Postbranche ein und damit 4000 mehr als im Vorjahreszeitraum. Die meisten kritischen Wortmeldungen bezogen sich auf den Marktführer Deutsche Post. Nach Darstellung der Post richtet sich der Groll teilweise aber fälschlicherweise gegen sie. Tatsächlich liege es bisweilen an Fehlern anderer Firmen.

Die Gesetzesreform ermöglicht zudem die Aufstellung von Automaten anstelle von Postfilialen. Hierfür werden allerdings enge Grenzen gesetzt – eine Anrechnung der Automaten auf die weiterhin gültige Filialnetzpflicht ist letztlich nur dort möglich, wo die Post keinen Einzelhändler findet, der in seinem Laden auch einen Postschalter aufstellt. Das dürfte in einigen Dörfern der Fall sein, wo der letzte Supermarkt oder Kiosk dichtgemacht hat.

Ein Standardbrief kostet derzeit noch 85 Cent, ab Januar wird er vermutlich teurer sein, denn dann wird ein neues Porto gelten. Zu dessen Höhe hat die Netzagentur bereits ein Berechnungsverfahren begonnen, hierbei wird sie einen Spielraum zur Anpassung der Preise festlegen. Im Herbst dürfte es eine Entscheidung geben, wie hoch die Porti der unterschiedlichen Sendungsarten sein werden. Hiermit hat auch die Gesetzesnovelle etwas zu tun, denn bei ihren Berechnungen wird sich die Behörde auf die neuen Vorgaben beziehen. Mehr als einen Euro darf der Standardbrief dann aber nicht kosten, dazu hat sich die Ampel-Koalition bekannt.

(nie)