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18-Jähriger setzt per App die StVO durch

Falschparker werden bei uns schon lange auch von Privatpersonen angezeigt. Nun gerät ein 18-Jähriger ins öffentliche Interesse, der darin wohl ganz eifrig ist.

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Teil-Screenshot aus der Spiegel-TV-Reportage. Wer genau hinschaut, sieht den Schriftzug "POLIZFI" am Lenker des Anzeigenhauptmeisters.

(Bild: Spiegel TV)

Lesezeit: 3 Min.

Wenn es das Internet nicht gäbe, wüssten wir vieles nicht, was auf unserem Erdball geschieht. Umgekehrt würde sich manches gar nicht erst ereignen, gäbe es das Internet nicht. So wie beispielsweise aktuell das Aufheben um einen jungen Mann, der seit drei Jahren umherzieht, um Falschparker anzuzeigen.

Gut, Medien, insbesondere Fernsehmagazine haben schon immer gerne Verkehrsdenunz … äh, -beobachter ins öffentliche Licht gezerrt, lange bevor es das Internet gab. Irgendwelche renitenten Ruheständler, die mit auf Kissen gestützten Ellbogen in ihrem Fenster darauf lauern, dass jemand in ihrer Straße gegen eine Verkehrsregel verstößt. Im Autoland Deutschland war damit schon immer Aufregung und damit Aufsehen sicher, auf jeden Fall in den Boulevardblättern.

Nun hat sich Spiegel TV einen 18-Jährigen geschnappt und dabei gefilmt, wie er in knallfarbener Sicherheitsmontur auf seinem Fahrrad unterwegs ist, um "die StVO durchzusetzen", wie er selbst sein Treiben nennt. Das macht der selbst ernannte "Anzeigenhauptmeister" mit einer App. Von denen gibt es überraschenderweise so einige; suchen Sie im App-Store Ihrer Wahl einfach nach "Falschparker".

Was treibt den Anzeigenhauptmeister? Einen kleinen Einblick in seine Motive bietet ein Eintrag, den er auf Facebook gepostet hat. Darin antwortet er auf Vorwürfe des Bürgermeisters seiner Heimatstadt Gräfenhainichen, seine Anzeigen seien nicht gerichtsverwertbar: "Anfang des Jahres wurde [ich] aufgerufen, für einen Spielplatz zu spenden. 5000 Euro wurden benötigt. Hätte Ihre Behörde alle meine Anzeigen weiterverfolgt, wäre diese Spendenaktion nicht notwendig gewesen." Dabei wird angezweifelt, ob private Anzeigen von Ordnungswidrigkeiten überhaupt viel einbringen.

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Das Internet ist voll von heißen IT-News und abgestandenem Pr0n. Dazwischen finden sich auch immer wieder Perlen, die zu schade sind für /dev/null.

Der Anzeigenhauptmeister ist noch nicht einmal der Eifrigste seiner Spezies. Die Hitparade im "Falschparker-Melder-Leaderboard" auf weg.li – einer dieser Falschparker-Apps – weist ihn für dieses Jahr mit 788 Anzeigen auf Platz 3 aus. Unter den Top 5 der All-Time-Lead taucht er nicht auf, 2023 brachte er es mit gut 4000 Anzeigen auf Platz zwei. Wie viele der Anzeigen allein aus Bremen stammen, der Stadt des aufgesetzten Parkens, wird nicht dokumentiert. Das ist eines dieser Phänomene – oder gar Parallelwelten –, von denen ganz oben die Rede war, um die wir ohne das Internet nicht wüssten oder die ohne es nicht möglich wären.

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Und wohl auch nicht der künftige Karriereweg des Anzeigenhauptmeisters. Ab Mitte März soll er für die App Falschparkermelden arbeiten, auf 510-Euro-Basis, wie der Kölner Express meldet. Ein Anwalt, der öfter im Auftrag des App-Anbieters das Recht von Privatpersonen oder Firmen durchsetzt, die unter Falschparkern auf ihrem Grundstück zu leiden meinen, hat einen hehren Beweggrund: "Wir wollen ihn moralisch auf die richtige Seite ziehen, damit er vom Denunziantentum wegkommt."

(anw)