Nicht ganz frei: Libre Computer

Seite 2: Mehr Libre-Varianten

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Die Rechner aus der Tritium-Reihe setzen auf altbekannte Chips von Allwinner. Die pinkompatiblen SoCs H2+, H3 und H5 haben in Bastlerkreisen eine gewisse Verbreitung durch günstige Orange-Pi und NanoPi-Rechner gefunden. Von der Performance her bildet Tritium das Low-End im Portfolio von Libre Computer. Die H2+-Variante begnügt sich mit 512 MB RAM und einer vierkernigen Cortex-A7-CPU (32 Bit). Der fast baugleiche Chip H3 wird mit 1 GB RAM kombiniert.

Tritium-Prototyp mit Allwinner H5. Mit Kamera-Interface und vier unabhängigen USB-2.0-Anschlüssen.

(Bild: Libre Computer )

Die "große" Tritium-Variante mit 2 GB RAM bietet zwar wie die schnelleren Boards vier Cortex-A53-Kerne. Jedoch werden die Allwinner-Chips in einem 40-Nanometer-Prozess hergestellt und erreichen daher einen geringeren Maximaltakt.

Der jüngste Libre-Rechner "Renegade" verspricht einige Features, die schon länger auf so mancher Wunschliste stehen dürften: USB 3.0 und bis zu 4 GB RAM. An Stelle der Raspi-üblichen vier USB-A-Buchsen bringt Renegade zwar nur drei. Doch ist eine davon ein vollwertiger USB-3.0-Anschluss, der weit höhere Übertragungsraten als USB 2.0 zulässt. Die bis zu vier Gigabyte RAM sind für Einplatinenrechner üppig und bieten dank DDR4 ebenfalls mehr Geschwindigkeit.

Das mit Firefly entwickelte Renegade-Board bringt eine USB-3.0-Schnittstelle, Gigabit-Ethernet und bis zu 4 GB RAM.

(Bild: Libre Computer )

Damit das LAN-Kabel nicht zum Nadelöhr wird, bringt Renegade Gigabit-Ethernet mit. Als SoC kommt ein Rockchip RK3328 zum Einsatz, der – wie bei Le Potato – über vier Cortex-A53-Kerne verfügt (1,4 GHz). Entwickelt wurde das Board in Kooperation mit Firefly, einem anderen Hersteller, der gerne auf Crowdfunding zurück greift. In Sachen Software-Unterstützung erhofft man sich hier Synergieeffekte.

Das Libre Computer Project beschreibt sich selbst als Versuch, bisherige Mängel in der Zusammenarbeit von Hardware-Produzenten und der "software libre community" zu beheben. Das ist scheinbar mehr als ein Lippenbekenntnis: der Entwickler Baylibre aus Frankreich kümmert sich im Auftrag von Libre Computer (Shenzhen) darum, die Unterstützung der Boards im Mainline-Linux-Kernel voranzubringen.

In der Praxis bedeutet das jedoch nicht, dass alle Hardware-Features mit freier Software nutzbar sein werden. Als Daumenregel gilt: bei grafischen Anwendungen (3D-Hardware, Video-Decoding) bleibt man oft auf proprietäre Binär-Treiber angewiesen, die nur zusammen mit teils veralteten Kerneln der Chip-Hersteller funktionieren. Die Lage variiert mit dem verwendeten SoC. Bei dem Rockchip-basierten Board sieht es mit dem Kernel 4.9 recht gut aus, bei Allwinner fällt man auf Kernel 3.4 zurück.

Daher empfiehlt es sich vor der Anschaffung eines Libre-Boards genau hinzusehen, mit welcher Hardware-Plattform man es zu tun hat und was damit aktuell möglich ist. Der Blick auf die Konkurrenz lohnt sich ebenfalls. Oftmals gibt es die gleichen SoCs bereits auf Platinen anderer Hersteller.

Um den Vertrieb kümmert sich der in den USA ansässige Shop LoveRPi. Ab 35 US-Dollar (1 GB) gibt es dort den Kartoffelcomputer Le Potato (+ 8 Dollar Versand). Die anderen Rechner lassen sich vorbestellen. Für das Modell Renegade wird in der 4-GB-Variante mit 80 Dollar der höchste Preis genannt (2 GB: 50 USD, 1 GB: 40 USD). Die Auslieferung soll im Februar beginnen. (hch)