"Nicht wichtig": EU-Kommission übt sich in Wortklauberei bei Leyens Pfizer-SMS

Mit allerlei rhetorischen Künsten versichert die Kommission, keine Kommunikation mit dem Pfizer-Chef Bourla zu Covid-19-Impfstoffen identifizieren zu können.

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Was hat Ursula von der Leyen im Chat mit dem Pfizer-CEO besprochen? Die EU-Kommission will das nicht verraten.

(Bild: EU-Kommission/Etienne Ansotte)

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Die EU-Kommission hat ihre Behauptung untermauert, auf Basis der europäischen Informationsfreiheitsregeln keine Einblicke in den SMS-Austausch zwischen Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen (CDU) und Albert Bourla, dem Chef des US-Pharmakonzerns Pfizer, zu milliardenschweren Lieferungen von Covid-19-Impfstoffen gewähren zu können.

Laut der Verordnung zur Akteneinsicht für EU-Gremien von 2001 sei man verpflichtet, Dokumente aufzubewahren, "wenn sie wichtige Informationen enthalten, die nicht von kurzer Dauer sind", oder wenn sie möglicherweise Maßnahmen "seitens der Kommission oder einer ihrer Dienststellen erfordern", erklärt Generalsekretärin Ilze Juhansone. SMS wären also archiviert worden, wenn sie eines dieser Kriterien erfüllt hätten.

Für das Magazin "Politico", das bei der Kommission in dem Fall noch einmal nachgebohrt hatte, hört sich das nach einem Zirkelschluss an. Damit werde nichts darüber ausgesagt, ob die begehrten Kurzmitteilungen gesendet worden seien und möglicherweise noch auf dem Mobiltelefon von der Leyens zu finden sein könnten. Bei der Kommissionschefin selbst habe offenbar niemand nachgefragt.

Juhansone schreibt nur, dass eine "erneute, gründliche Suche" nach den SMS durchgeführt worden sei. Jedoch: "Es konnten keine Dokumente identifiziert werden, die in den Rahmen Ihrer Anfrage fallen." Deswegen sei eine Prüfung, ob eine Herausgabe der Mitteilungen im öffentlichen Interesse sein könnte, nicht nötig gewesen.

Juhansone betont mit Verweis auf ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH), dass die Kommission nicht verpflichtet sei, "ein Dokument zu erstellen, das nicht existiert". Ein Antrag auf Akteneinsicht, der die Erstellung eines neuen Dokuments verlangen würde, falle nicht in den gesetzlichen Rahmen. Danach hatte allerdings niemand gefragt – das klingt nach einem "überspezifischen Dementi", um die Existenz der Mitteilungen zu vertuschen.

Das öffentliche Interesse an den SMS ist groß. Die Europäische Bürgerbeauftragte Emily O'Reilly stellte Missstände bei den Versuchen der Kommission fest, die begehrten Textnachrichten ausfindig zu machen. Die für Werte und Transparenz zuständige Vizepräsidentin der Kommission, Věra Jourová, hatte erklärt, dass Text- und Sofortnachrichten "aufgrund ihrer Kurzlebigkeit und Flüchtigkeit" generell nicht archiviert würden. Die "New York Times" hat die Kommission vor einigen Monaten auf Herausgabe der SMS vor dem EuGH verklagt.

(vbr)