Nordkorea baut LTE-Netz aus Huawei-Teilen

Betuchte Bewohner Pjöngjangs dürfen mit 4G ins Intranet. Der Netzausbau läuft mit gebrauchten Teilen aus China.​

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Mobilfunkmast von unten, hat nur wenigen Antennen

Symbolbild

(Bild: Daniel AJ Sokolov)

Lesezeit: 4 Min.

Nordkorea errichtet ein LTE-Mobilfunknetz (4G). Parallel wird das ältere UMTS-Netz (3G) aufgerüstet. Das hat Daily NK um den Jahreswechsel berichtet. Während Nordkorea selbst 4G-Handys herstellt, wird das Netz aus gebrauchter Huawei-Hardware zusammengestellt. Sie wird aus der benachbarten Volksrepublik China importiert.

Der Aufbau von 4G und die Erneuerung von 3G dürften Anfang Oktober begonnen haben. Die 3G-Beschleunigung dürfte schon länger geplant, aufgrund der strikten Grenzschließungen der letzten Jahre aber unmöglich gewesen sein. Offiziell galt die Coronavirus-Pandemie als Grund für die besonders strenge Abschottung. Im Spätsommer 2023 wurde die Grenzschließung schrittweise gelockert. Seit Anfang 2020 im Ausland gestrandete Bürger können oder müssen zurückkehren. Der Güterverkehr läuft wieder, einerseits mit China, andererseits mit der Russischen Föderation. Nordkorea versorgt Russland mit Waffen für dessen Krieg gegen die Ukraine.

Im Oktober hat Nordkoreas staatliche Nachrichtenagentur Bilder einer Messe veröffentlicht, auf der Werbung für ein 4G-Handy zu sehen ist. Stand Mitte Dezember war im Stadtzentrum der Hauptstadt Pjöngjang das 4G-Netz bereits in Betrieb, Bürger mit Geld konnten Handys kaufen und Mobilfunkverträge abschließen. Das 4G-Netz soll weitere Städte erreichen, das Ausbauprogramm ist auf mehrere Jahre angelegt.

Der Dienst wird unter anderem damit beworben, dass er auch unterirdisch funktioniert, was beim 3G-Netz nicht der Fall ist. Die U-Bahn der Stadt feierte letztes Jahr 50. Geburtstag. Zwei Linien fahren insgesamt 16 Stationen an.

Offenbar betreibt Nordkorea seine 3G- und 4G-Netze separat. Außerhalb der 4G-Netzabdeckung wechseln 4G-Handys nicht in das weit verbreitete und populäre 3G-Netz. Daher sei die Nachfrage bislang bescheiden, schreibt Daily NK. Jene Nordkoreaner, die sich 4G leisten, würden auch ihr 3G-Handy behalten und mit beiden herumlaufen.

Mobilfunk gab es in Nordkorea erstmals Ende 2002. Damals ging ein GSM-Netz in Betrieb, betrieben von einer thailändischen Firma mit gebrauchter Hardware aus den Beständen Vodafone Ungarns. Die Preise waren gesalzen. Nach einem schweren Eisenbahnunfall im Jahr 2004 in der Stadt Ryongchŏn wurde der Zugang zu diesem Netz jedoch auf ausgewählte Funktionäre beschränkt. Gerüchteweise war die Explosion der Versuch eines Anschlags auf den Diktator, ausgelöst mithilfe eines Mobiltelefons.

2008 erhielt die ägyptische Orascom Telecom eine Lizenz zu Aufbau und Betrieb eines nordkoreanischen UMTS-Netzes namens Koryolink für 25 Jahre, an dem die nordkoreanische Post zu 25 Prozent beteiligt war. 2010 wurde GSM dort abgeschaltet. 2011 übernahm die russische Vimpelcom Orascom und damit auch Koryolink. Anfang 2012 meldete das nordkoreanische Netz eine Million Kunden, ein Jahr später ging mit Kangsong Net ein zweites 3G-Netz on air. Inzwischen ist Mobilfunknutzung in der Diktatur für weite Teile der Bevölkerung alltäglich.

Allerdings zogen bald Dunkle Wolken über Orascoms Mobilfunk-Investition in Nordkorea auf. Das Netz dürfte sehr hohe Gewinne einfahren, die jedoch in nordkoreanischen Won anfallen und in dem Land bleiben. Damit kann Orascom wenig anfangen. 2015 gestand Orascom ein, eigentlich keine Kontrolle über seine Tochterfirma mehr zu haben. Dennoch erwirkte der Konzern 2018 eine Ausnahmegenehmigung der Vereinten Nationen, um trotz internationaler Sanktionen gegen das nordkoreanische Regime weiterhin Mobilfunk in dem Land unterstützen zu dürfen.

Nordkoreaner können Mobilfunk für Kommunikation mit anderen Nordkoreanern sowie Zugriff auf das staatliche Intranet namens Kwangmyong nutzen. Dort gibt es tausende Webseiten und auch Videounterhaltung. Seit 2014 sind UMTS-Handys in Nordkorea mit Zertifikaten ausgestattet, die nur die Wiedergabe staatlich genehmigter Inhalte erlauben. Telefonate werden verschlüsselt; damit möchte das Regime verhindern, dass ausländische Geheimdienste mithören, während es selbst Zugriff auf alles hat.

Auch Ausländer, die in Nordkorea Einlass finden, dürfen Mobilfunk nutzen, wenn sie sich dafür schröpfen lassen wollen. Sie dürfen sogar ins Internet. Telefonate sind ihnen allerdings nur zu ausländischen Nummern möglich, nicht zu normalen inländischen Anschlüssen.

(ds)