OECD rät Deutschland zur vereinfachten Zuwanderung für Fachkräfte

Deutschland müsse viel schneller und in größerem Umfang als die meisten anderen OECD-Länder auf eine schrumpfende Erwerbsbevölkerung reagieren, heißt es in einem neuen Bericht der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung.

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Bundesbildungsministerin Annette Schavan (CDU) sieht ihr Engagement für eine erleichterte Zuwanderung durch einen neuen Bericht der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) bestätigt. Der Süddeutschen Zeitung sagte sie, "Deutschland muss ganz klarmachen, dass wir an ausländischen Talenten sehr hohes Interesse haben." Regierungssprecher Ulrich Wilhelm wies demnach auf eine "Qualifizierungsoffensive" hin, die im Herbst präsentiert werden solle. Darin sei ein "Bündel von Maßnahmen" vorgesehen. Auch müsse laut Wilhelm das aktuelle Zuwanderungsrecht geprüft werden.

"Deutschland wird sehr viel schneller und in größerem Umfang als die meisten anderen OECD-Länder auf eine schrumpfende Erwerbsbevölkerung reagieren müssen", heißt es in dem OECD-Bericht. Es sei Zeit zu handeln, wenn die Bundesregierung einem gravierenden Fachkräftemangel vorbeugen wolle. Vor allem für Hochqualifizierte könne es "nötig sein, schon heute die Zuwanderung zu erleichtern, um kurzfristig den Bedarf des Arbeitsmarktes zu befriedigen".

Deutschland sei neben Japan und Italien das einzige Industrieland, in dem schon jetzt die Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter von 15 bis 64 Jahren schrumpfe, heißt es in dem Bericht. Wenn der Trend anhalte, sinke die Zahl der Erwerbsfähigen bis 2020 um 6 Prozent. Wenn Deutschland den Rückgang der arbeitenden Bevölkerung durch Zuwanderung ausgleichen wolle, müsste diese drastisch steigen: "Allein bis 2010 auf 150.000 Menschen pro Jahr, langfristig sogar noch deutlich mehr." Etwa die Hälfte der 30 OECD-Länder könne hingegen mit gleichbleibend großen oder sogar wachsenden Erwerbstätigenzahlen rechnen.

Das Zuwanderungsrecht schreibt derzeit vor, dass ausländische Arbeitnehmer 85.500 Euro im Jahr verdienen müssen, um das Aufenthaltsrecht zu bekommen. Schavan fordert eine Absenkung der Grenze auf 40.000 bis 60.000 Euro. Arbeitsminister Franz Müntefering (SPD) gilt als Gegner einer erleichterten Zuwanderung vor dem Hintergrund der hohen Arbeitslosenzahl. Für die arbeitsmarktpolitische Sprecherin der Grünen, Brigitte Pothmer, sind hingegen die Hürden für ausländische Kräfte "absurd hoch".

Der OECD-Bericht dürfte dem Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung und Microsoft, das kürzlich zur Vorstellung einer Studie Fachkräftemangel beklagte, Rückhalt geben. Auch der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHT), Gewerkschaften und der Branchenverband Bitkom sehen ein Defizit bei Fachkräften. Laut DIHT hat bereits jeder dritte Betrieb des verarbeitenden Gewerbes Probleme, Stellen zu besetzen. Ein Hauptargument lautet, durch den Arbeitskräftemangel sei der Aufschwung gefährdet. (anw)