Oberlandesgericht: Cloudflare haftet als Täter für Urheberrechtsverletzungen

Das Oberlandesgericht Köln hat Cloudflare dazu verdonnert, den Zugang zu einem urheberrechtlich geschützten Musikalbum über das Portal ddl-music.to zu sperren.

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(Bild: Sashkin/Shutterstock.com)

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Cloudflare haftet als Betreiber eines Content Delivery Networks (CDN) für den beschleunigten Abruf von Internetinhalten unter Umständen nicht nur als Störer, sondern als Täter von Urheberrechtsverletzungen. Das US-Unternehmen habe im Falle einiger auch über Cloudflares CDN verbreiteten Links zu urheberrechtlich geschützten Werken keinen Anspruch auf die im Telemediengesetz (TMG) und im EU-Recht vorgesehenen Haftungsprivilegien für Anbieter von Zugangs- oder Zwischenspeicherdiensten, hat das Oberlandesgericht Köln (OLG) am Freitag entschieden. Zugleich erkannte das OLG, dass Cloudflare als Betreiber des DNS-Resolvers 1.1.1.1 entsprechende Haftungsprivilegien genießt, und hob damit das Unterlassungsurteil der Vorinstanz teilweise auf (Az. 6 U 149/22).

Mit dem Unterlassungsurteil des OLG wird Cloudflare verpflichtet, den Zugang zu Links zu einem urheberrechtlich geschützten Musikalbum auf der Domain ddl-music.to zu sperren. Konkret geht es um das Album "Herz Kraft Werke" von Popstar Sarah Connor. Die Vorinstanz hatte Cloudflare zur Unterlassung verurteilt und war dabei von einer Mittäterschaft des Anbieters sowohl im Hinblick auf das Content Delivery Network als auch den DNS-Resolver ausgegangen. Das OLG hat das nun für den Resolver korrigiert. Eine "täterschaftliche Haftung der Beklagten für den DNS-Resolver" scheide aus, heißt es in dem heise online inzwischen vorliegenden Urteil, weil der Dienst keine zentrale Rolle bei der Urheberrechtsverletzung spiele. Damit widerspricht das OLG Köln auch dem LG Leipzig, das den DNS-Dienst Quad9 als Mittäter von Urheberrechtsverletzungen verurteilt hatte.

Im Hinblick auf das CDN hat das OLG Köln die Interpretation der Vorinstanz, dass Cloudflare hier als Mittäter zur Rechenschaft gezogen werden müsse, bestätigt. Das CDN spiele eine "zentrale Rolle" beim Zugänglichmachen der rechtsverletzenden Inhalte im Sinne der Rechtsprechung des EuGH, entschied das OLG. Die im Telemediengesetz (TMG) nach §8 (Zugangsprovider) und §9 (Cachingdienste) vorgesehenen Haftungsprivilegien seien nicht anzuwenden. Vielmehr sieht das Gericht den CDN-Anbieter in der Pflicht, wie ein Sharehoster erforderliche Maßnahmen zu ergreifen, um bekannte Rechtsverletzungen zu unterbinden (§10 TMG). Unterlässt der Anbieter das, kann er als Mittäter zur Verantwortung gezogen werden.

Cloudflare hat dieser Auslegung in beiden Instanzen widersprochen. Das Unternehmen ist der Ansicht, dass ein CDN wie ein Cachingdienst nach §9 TMG von der Haftung für vermittelte Informationen befreit ist. Nach Ansicht des OLG hat Cloudflare das im vorliegenden Fall nicht ausreichend begründet. Zwar seien CDN-Dienste "grundsätzlich den nach § 9 TMG privilegierten Cacheprovidern zuzuordnen", jedoch müsse die konkrete Einordnung von Fall zu Fall geprüft werden. Die rechtliche Einordnung eines CDN im Hinblick auf seine rechtliche Privilegierung ist offenbar eine noch zu klärende Grundsatzfrage.

Das LG Köln hatte auf Klage des Plattenlabels Universal Music bereits Ende 2020 eine einstweilige Verfügung erlassen, wonach Cloudflare der Störerhaftung unterliegt. Demnach kann der CDN-Betreiber prinzipiell zur Verantwortung gezogen werden für Urheberrechtsverletzungen, selbst wenn diese auf Drittseiten erfolgen. Mit zum Verhängnis wurde Cloudflare dabei, dass seine Produkte durch verteilte Zwischenspeicherung in Proxy-Servern direkten Internetverkehr von Kundenservern fernhalten, Zugriffe auf das Domain Name System (DNS) mit eigenen Resolvern umleiten und so die Identität der Seitenbetreiber verschleiern können.

"Der CDN-Dienst ermöglicht Betreibern von strukturell rechtsverletzenden Webseiten eine Anonymisierung, indem die Identität von Cloudflare an die Stelle des wahren Host Providers gesetzt wird", schreibt der BVMI dazu. Kunden könnten sich so "der Rechtsverfolgung entziehen". Das Cloudflare-CDN spiele damit "für die Zugänglichmachung illegaler Inhalte eine zentrale Rolle". Das Geschäftsmodell von DDL-Music sei zudem klar auf illegale Downloads geschützter Werke ausgerichtet gewesen. René Houareau, Geschäftsführer Recht & Politik beim BVMI, freute sich daher, dass das OLG "durch die Verschärfung der Haftung als echte Täterhaftung ein weiteres Zeichen gegen die illegale Nutzung von Musikaufnahmen" setze.

DDL-Music ist bereits seit zwei Jahren offline, sodass das neue Urteil für den Zugang zu diesem Angebot keine Rolle mehr spielt. Plattenfirmen dürfte es nun aber leichter fallen, Cloudflare und weitere CDNs dazu anzuhalten, andere Warez-Portale zu blockieren. Derzeit ist unklar, ob der Fall noch vor dem Bundesgerichtshof (BGH) landen könnte. Eine Revision hat das OLG nicht zugelassen. Cloudflare könnte dagegen aber noch eine Nichtzulassungsbeschwerde beim BGH einreichen.

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Artikel mit Informationen aus dem inzwischen vorliegenden Urteil überarbeitet.

(olb)