Oberlandesgericht: Pauschale Gebühr für Ersatz-SIM-Karte ist rechtswidrig
Mobilfunkanbieter dürfen nicht uneingeschränkt zusätzliche Kosten für die Ausstellung einer Ersatz-SIM-Karte erheben. Das haben Frankfurter Richter entschieden.
Juristischer Erfolg für den Bundesverband der Verbraucherzentralen (vzbv): Mobilfunkanbieter dürfen nicht in jedem Fall eine Gebühr für die Ausstellung einer Ersatz-SIM-Karte berechnen. Dies hat das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt am Main nach einer vzbv-Klage gegen 1&1 Drillisch Online entschieden. 14,95 Euro verlangte der Betreiber von Marken wie Simplytel laut Preisliste für eine ersatzweise zugestellte SIM-Karte in eigenen Mobilfunktarifen. Ausnahmen waren nicht vorgesehen. In einer weiteren Klausel behielt sich das Unternehmen aber selbst vor, entsprechende Zugangsmodule aus technischen oder betrieblichen Gründen gegen Ersatzkarten auszutauschen. Das OLG entschied nun: Mit den damit verknüpften Unwägbarkeiten würden Kunden unangemessen benachteiligt.
Die vom vzbv beanstandeten Bestimmungen seien vom Durchschnittskunden so zu verstehen, dass er "auch dann das Entgelt in Höhe von 14,85 entrichten muss, wenn ihm ohne sein Zutun eine funktionsunfähige SIM durch den Mobilfunkdiensteanbieter überlassen worden ist und er deswegen eine SIM nachbestellt", heißt es in dem jetzt veröffentlichten Urteil vom 18. Juli (Az.: 1UKI 2/24). Damit wälze Drillisch den Aufwand zur Erfüllung seiner eigenen Verpflichtungen unzulässig auf seine Vertragspartner ab. Der spätere Hinweis auf den in der Klausel nicht explizit benannten Kundenwunsch bleibe zu vage. Denn der Abnehmer könne auch in Fällen initiativ werden müssen, in denen sein Vertragspartner bereits aufgrund einer eigenen Verpflichtung tätig werden müsste.
Mobilfunkanbieter dürfen vielfach nicht extra kassieren
Drillisch stelle in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen nicht klar, dass es sich bei einem Wechsel der Karte aus technischen oder betrieblichen Gründen um eine Pflicht handelt, die nur den Mobilfunkdienstleister treffe und so "gerade nicht auf Kundenwunsch erfolgt", monieren die Richter. Insgesamt sei die strittige Gebühr "mit wesentlichen Grundgedanken" des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) nicht vereinbar und benachteiligte die Vertragspartner in unangemessener Weise. Sie widerspreche ferner dem Transparenzgebot. Die Revision zum Bundesgerichtshof hat das OLG aber zugelassen, sodass das Urteil noch nicht rechtskräftig ist. Denn die Sache habe grundsätzliche Bedeutung und sei bislang nicht höchstrichterlich entschieden.
Drillisch argumentierte dagegen, das Bereitstellen einer Ersatz-SIM-Karte sei eine Zusatzleistung jenseits der eigenen "Hauptleistungspflichten". Sie werde ausschließlich bei einem entsprechenden Auftrag eines Kunden und nur in dessen Interesse vorgenommen. Ob dafür eine Gebühr erhoben werde, hänge allein vom Mobilfunkvertrag ab. Der Austausch einer SIM-Karte oder einer E-SIM nach einem Gerätewechsel oder in einem Gewährleistungsfall des Mobilfunkgeräts betreffe aber den Pflichtenkanon aus dem Hardwarekaufvertrag. Dafür würden also keine zusätzlichen Kosten berechnet.
Jana Brockfeld, Rechtsreferentin beim vzbv, freute sich nun über die gerichtliche Klarstellung, dass Mobilfunkkunden Anspruch auf "eine funktionsfähige SIM-Karte ohne Zusatzkosten" haben. Das Ausstellen eines Ersatzes sei in vielen Fällen keine Sonderleistung, für die ein Unternehmen extra kassieren dürfe.
(olb)