Offen für alle, aber Details verschweigen – zum Tod von John Warnock
John Warnock war einer der Gründer von Adobe. Als "Vater" von Postscript veränderte er das Druckwesen erheblich. Nun ist er im Alter von 82 Jahren gestorben.
Wie die Firma Adobe mitteilt, ist ihr Firmengründer John Warnock am 19. August im Alter von 82 Jahren verstorben. Eine Todesursache wurde nicht genannt. Der "Vater von Postscript" und Erfinder des PDF-Formats studierte zunächst Mathematik, ehe er sich den Problemen der Computergrafik zuwandte.
John Edward Warnock kam am 6. Oktober 1940 in einem Mormonen-Haushalt in Salt Lake City zur Welt. Hier besuchte er bis 1958 die Olympus High School und studierte Mathematik an der örtlichen Universität. In seiner Bachelor-Arbeit 1964 bewies er ein Theorem des Jakobson-Radikals. In seiner Dissertation von 1969 beschäftigte er sich unter dem Einfluss von Ivan Sutherland bereits mit Computergrafik und dem Problem von Verdeckungsberechnungen, wobei er den Warnock Algorithmus entwickelte. Ein Studienfreund, an den sich Warnock in einem Interview erinnerte, war Ed Catmull, der spätere Vizepräsident der Computergrafik-Abteilung von Lucasfilm. 1965 heiratete John Warnock die Grafikdesignerin Marva Mullins Warnock, die später das Logo der Firma Adobe Systems entwarf und danach Ideengeberin für den Adobe Illustrator war.
Adobe gegründet, Apple gerettet
1972 zog John Warnock mit seinem Mentor Dave Evans und Ivan Sutherland nach Kalifornien, wo sie am Illiac IV der NASA einen Weltraum-Flugsimulator entwickelten. 1978 wechselte er zu dem legendären PARC Institute von Xerox, wo er den späteren Adobe-Mitgründer Chuck Geschke traf. Zusammen mit Martin Newell entwickelte er zunächst JaM (John und Martin), eine Programmiersprache zur Beschreibung des Hafens von New York, ehe er sich mit Geschke daran machte, eine Druckersprache für die Laserdrucker von Xerox zu entwickeln. Wie Warnock in einem Interview erzählte, stammte das eigentliche Projekt noch aus seiner NASA-Zeit mit Evans und Sutherland und war gleichzeitig das technische Vorbild für die Programmiersprache Interpress. Sie wurde von Warnock, Geschke, Butler Lampson und Jack Sproull entwickelt.
Wie viele Dinge, die in den Labors von Xerox entstanden, wurde Interpress nicht kommerzialisiert, wie es Geschke und Warnock vehement forderten. Bei Xerox suchte man nach Mitteln und Wegen, die Druckersprache auf die eigenen Drucker zu beschränken. Geschke und Warnock verließen daraufhin das Forschungsinstitut und gründete am 2. Dezember 1982 Adobe Systems. Den nächsten Anlauf für eine universelle Seitenbeschreibungssprache nannten sie Postscript. Der erste Postscript-Drucker war der Laserwriter von Apple, für den der Interpreter in einem ROM mit der damals sagenhaften Kapazität von einem halben Megabyte geliefert wurde. Glaubt man Steven Cringely, dem Chronisten der PC-Industrie, so war John Warnock für Steve Jobs ein Vaterersatz. In jedem Fall retteten Postscript und das Desktop Publishing Apple vor dem Untergang, machten Adobe aber stark von Apples Erfolg abhängig.
Simple Idee für Postscript
Wie Warnock in einem anderen Interview erzählte, musste Postscript möglichst offen für alle Druckerhersteller sein, um erfolgreich zu werden, durfte aber den eigentlichen Schritt der Ausgabe als Rastergrafik nicht patentieren, weil die Idee im Detail zu simpel war: "Die einfache Idee war dies: Anstatt herauszufinden, welche Punkte gedruckt werden mussten, mussten die Buchstaben so gestreckt werden, dass sie zu den Rastern passten." Das war das Firmengeheimnis, das nach Angaben von Warnock über Jahre streng gehütet wurde, während alle anderen Details zur Postscript-Sprache veröffentlicht wurden. John Warnock wurde so zum Vater von Postscript, einer Sprache, die von Millionen Maschinen verstanden wurde und das Druckwesen gründlich veränderte.
Das nächste Produkt der jungen Firma war der Adobe Illustrator, ursprünglich eine Sammlung von Postscript-Routinen, die Warnock für seine Frau Marva programmierte. Aus dem Illustrator-Dateiformat entwickelte Warnock eine Idee, die er "Project Camelot" nannte. Das Dateiformat sollte so angelegt sein, dass ein Dokument unabhängig von seiner Erstellung auf allen Druckern und mit allen Betriebssystemen originalgetreu gedruckt werden konnten. Die Idee zum Portable Document Format wurde bei der Präsentation auf einer Computermesse 1993 belächelt, wurde aber erfolgreich, weil sich Geschke und Warnock dafür entschieden, den PDF-Leser gratis auszuliefern.
In den ersten beiden Jahren von Adobe Systems war Warnock Präsident von Adobe Systems, danach amtierte er sechzehn Jahre als CEO, bis er im Jahr 2000 ausschied, nicht ohne weiterhin im Aufsichtsrat der Firma zu sitzen. Zu seinem Abschied im Jahr 2000 bekam er die Schriftart Warnock als Präsent. Im Jahre 2003 schenkten John und Marva Warnock ihrer Alma Mater 200.000 Adobe-Aktien im Wert von 6 Millionen Dollar. So entstand 2007 an der Universität von Utah das "Warnock Engineering Building", in dem heute das renommierte Scientific Computing and Imaging Institute untergebracht ist. Für seine Arbeit erhielt Warnock eine ganze Reihe an Auszeichnungen. Erwähnt sei die National Medal of Technology and Innovation als höchste Medaille. Sie wurde an John Warnock und Chuck Geschke im Jahre 2009 verliehen. Zuletzt betätigte der sich als Kunstsammler und führte mit seiner Frau den Blue Boar Inn.
(tiw)