Verbraucherschützer warnen vor Rückkehr der Störerhaftung

Handel und Verbraucherschützer schlagen Alarm: Im Entwurf für ein Digitale-Dienste-Gesetz fehlt die Klausel, die das Aus für die WLAN-Störerhaftung besiegelte.

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(Bild: Cristian Storto/Shutterstock.com)

Lesezeit: 3 Min.

Nach mehreren vergeblichen Anläufen beschloss der Bundestag 2017 eine Novelle des Telemediengesetzes (TMG), um die heftig umstrittene Störerhaftung außer Kraft zu setzen, die bis dahin Anbieter öffentlicher WLANs mit Haftung bedrohte. Inhaber von Urheberrechten dürfen demnach von Hotspot-Betreibern weder Schadenersatz noch Abmahngebühren verlangen, wenn sie feststellen, dass über ein solches Funknetz unerlaubt geschützte Werke etwa per Filesharing verbreitet werden. Doch nun fehlt die entsprechende Klausel in Paragraf 8 TMG im Referentenentwurf aus dem Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV) für ein Gesetz für digitale Dienste.

Mit dem Vorhaben will Volker Wissing (FDP) den Digital Services Act (DSA) der EU in nationales Recht gießen und Online-Plattformen schärfer regulieren. Zugleich sollen damit das Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG) und das TMG ersetzt werden, da diese vergleichbare Vorgaben wie der DSA enthalten. Der Bundesverband der Verbraucherzentralen (vzbv) und der Handelsverband HDE sind aber massiv besorgt über das Vorhaben. Es sei "unverständlich", dass das Digitalministerium die entscheidende Anti-Störerklausel-Passage nicht aufgenommen habe, schreibt der vzbv in einer Stellungnahme zum geplanten Digitale-Dienste-Gesetz (DDG). Dabei werde die Angst vor Abmahnungen in der Gesetzesbegründung weiter genannt.

Aus Sicht des vzbv würde so "der damalige und weiterhin erforderliche Kompromiss zwischen der Förderung des Aufbaus von öffentlichen WLANs und dem Schutz gewerblicher Schutzrechte aufgekündigt". In die gleiche Kerbe schlägt der HDE. "Mit großer Sorge haben wir festgestellt, dass der bisher geltende Ausschluss der Störerhaftung durch den Referentenentwurf nicht mehr sicher gewährleistet wird", zitiert die Lebensmittel-Zeitung (LZ) aus einem Schreiben des Vize-Hauptgeschäftsführers Stephan Tromp an Wissing. "Im schlimmsten Fall müssen Händler künftig einzelne Netzseiten sperren, wenn Nutzer in der Kassenschlange darüber illegale Inhalte downloaden."

Der Gesetzgeber schuf 2017 mit der TMG-Reform mit der Mehrheit von CDU/CSU und SPD eine ausdrückliche Anspruchsgrundlage für Blockaden gegen einen Diensteanbieter, um wiederholte Rechtsverstöße zu verhindern. Dieser Paragraf findet sich im DDG-Entwurf wieder. Entsprechende Websperren seien in der Praxis für den Handel gar nicht handhabbar, gibt der HDE zu bedenken. Enthalten ist in dem Papier Wissings ferner die Bestimmung, dass Betreiber offener Funknetze nicht behördlich verpflichtet werden dürfen, Nutzer zu registrieren oder die Eingabe eines Passwortes durch seine Nutzer zu verlangen. Derlei Vorkehrungen sollen aber "auf freiwilliger Basis weiterhin möglich bleiben".

Schon die TMG-Novelle habe "nur bedingt zu mehr Rechtssicherheit beim Anbieten von WLAN" geführt und lediglich ein "leichtes Durchatmen" gebracht, monierten Provider 2019. Jetzt könnte mit dem DDG ein weiterer Rückfall beim Ausbau der digitalen Infrastruktur drohen. Gegenüber der LZ erklärte das BMDV, künftig gelte das Haftungsregime des DSA. Dem nationalen Gesetzgeber seien damit die Hände gebunden. Ziel des DDG-Entwurfs sei es aber, "dass sich an der bestehenden Rechtslage der WLAN-Anbieter nichts ändert". Eine Anfrage von heise online, wie das zusammenpassen soll und welcher Artikel genau im DSA den hiesigen Ansatz zur Störerhaftung torpedieren könnte, beantwortete das Ministerium am Freitagnachmittag wegen technischer Probleme nicht.

Update

Ein Sprecher des Digitalministeriums erklärte mittlerweile gegenüber heise online: Das BMDV überarbeite derzeit den Referentenentwurf eines Digitale-Dienste-Gesetzes im Lichte der Stellungnahmen der Länder und Verbände. Dabei werde auch geprüft, ob der Wortlaut des einschlägigen Paragrafens 8 Absatz 1 Satz 2 TMG gegen die Störerhaftung wieder aufgenommen werden solle. Ziel bleibe es, "an der bestehenden Rechtslage für WLAN-Anbieter nichts zu ändern".

(bme)