Offensive Zurückhaltung bei Microsoft

Microsoft will in absehbarer Zeit keine Firmensoftware für Großunternehmen vermarkten.

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Von
  • Hans-Peter Schüler

Microsoft will in absehbarer Zeit keine Firmensoftware für Großunternehmen vermarkten. Das ungewöhnliche Statement, in dem der Softwareriese sein Fernbleiben von einem profitablen Software-Marktsegment zusichert, findet sich laut Medienberichten in einer eidesstattlichen Erklärung an die Kartellabteilung des US-Justizministeriums.

Streng genommen äußerten die Microsoft-Vertreter zwar nur, es gebe keine Pläne, binnen der nächsten zwei Jahre in den Softwaremarkt für Großunternehmen einzusteigen, doch damit dürften sie einen wirksamen Schlag ins Kontor des Erzfeindes Oracle gelandet haben. Dieser hat in seinem fortwährenden Bemühen um die feindliche Übernahme des Konkurrenten Peoplesoft dringenden Bedarf an Rückenwind aus Redmond. Ende Februar hatte nämlich das Justizministerium eine Kartellrechtsklage gegen den Datenbankkonzern eingereicht, um dessen Ausdehnungsdrang zu bremsen. Als Begründung hatten die Kartellwächter angeführt, bei erfolgreicher Übernahme hätten Großunternehmen und Regierungsbehörden nur noch zwei Hersteller, darunter nur einen einzigen US-Anbieter, zur Auswahl für ihre Softwarebeschaffung.

Oracle baute daraufhin auf Microsofts Entwicklungsarbeiten am so genannten Project Green, das irgendwann genau diesen Markt bereichern soll. In der Folge hätten die Anwälte des Oracle-Bosses Larry Ellison vermutlich eine einstweilige Verfügung anstrengen müssen, damit das Mutterhaus der Microsoft Business Solutions den Stand seiner Entwicklungsarbeiten dokumentiert. Microsofts jüngster Schachzug vereitelt daher nicht nur die Oracle-Verteidigungsstrategie, sondern schützt gleichzeitig die hauseigenen Interessen an einer möglichst unauffälligen Fertigstellung des eigenen Großunternehmens-Pakets.

Schützenhilfe für Ellison kommt derweil vom Hecht im Karpfenteich: SAP soll einen Brief an die US-Kartellbehörde formuliert haben, der ganz im Sinne Oracles die Bedeutung anderer Marktteilnehmer einschließlich Microsofts hervorhebt. Der Brief aus Walldorf ist offenbar noch gar nicht unterzeichnet, geschweige denn abgeschickt, doch er passt in zweierlei Hinsicht zu SAPs Interessenlage:

Erstens dürften auch die Walldorfer wenig begeistert von einer Einstufung als Monopolist sein, knüpfen sich doch daran erst recht verschärfte Beobachtungen durch die Wettbewerbshüter. Und den zweiten Gesichtspunkt hat Peoplesoft-Sprecher Steve Swasey mit folgenden Worten umrissen: "Ist irgendwer überrascht, wenn die Marktführer Nr. 1 und Nr. 3 den Marktführer Nr. 2 auslöschen wollen?" (hps)