Taurus-Leak: Offizier in Singapur nutzte ungesicherte Verbindung

Laut Boris Pistorius wurden die Systeme der Bundeswehr nicht kompromittiert, es liege ein "individueller Anwendungsfehler" vor.

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Boris Pistorius

Pistorius zieht erste Konsequenzen aus der Abhöraffäre bei der Bundeswehr.

(Bild: Julian Stratenschulte/dpa / Bearbeitung: heise online)

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Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Nico Ernst

Die Ermittlungen des Bundesamts für den Militärischen Abschirmdienst zur abgehörten Fachdiskussion von Offizieren der Luftwaffe haben erste Resultate ergeben. Wie Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius am Dienstag in Berlin sagte, lag ein "individueller Anwendungsfehler" vor. Ein Teilnehmer hatte sich aus einem Hotel in Singapur über eine "nicht autorisierte Verbindung, damit quasi eine offene Verbindung" in die WebEx-Konferenz zugeschaltet.

Dadurch sei es zu einem "Datenabfluss" gekommen, sagte der Minister. Der Offizier habe sich während der Flugmesse "Singapore Airshow" in der Stadt aufgehalten. Dort seien auch hochrangige Militärs westlicher Staaten vertreten gewesen: "Für russische Geheimdienste nachvollziehbar ein gefundenes Fressen". Bei solchen Veranstaltungen fänden flächendeckende Abhöraktionen statt, daher müsse man davon ausgehen, dass die abgehörte Konferenz "ein Zufallstreffer im Rahmen einer breit angelegten Vorgehensweise war".

"Ein russischer Spion hat sich nicht in diese WebEx-Konferenz eingewählt", sagte Pistorius mit Anspielung auf die Angabe des CDU-Politikers Roderich Kiesewetter, der dies am Wochenende behauptet hatte. Pistorius nannte Kiesewetter dabei nicht namentlich. Angesprochen, ob das Hotel verwanzt gewesen sein könnte, sagte Pistorius: "Das, was unsere Nachrichtendienste tun, werde ich hier nicht ausplaudern." Man gehe jedoch bisher davon aus, dass das Abhören über "nicht sichere Datenleitungen, also entweder Mobilfunk oder das Hotel-WLAN" erfolgt sei.

Die Ermittlungen dauern dem Minister zufolge noch an, derzeit würden auch alle genutzten Geräte forensisch untersucht. Es stehe jedoch schon fest: "Unsere Kommunikationssysteme wurden nicht kompromittiert." Das von Cisco stammende WebEx dürfe bei der Bundeswehr auch bis zur Schutzstufe VS-NfD (Verschlusssache, nur für den Dienstgebrauch) genutzt werden. Dafür würden die Systeme auf eigenen Servern der Bundeswehr gehostet.

Derzeit wird noch geprüft, ob das Gespräch der Offiziere dieser Einstufung entsprach, oder die Inhalte darüber hinausgingen. Daher hat Pistorius eigenen Angaben zufolge am Dienstagmorgen Anordnungen unterschrieben, die disziplinarische Vorermittlungen bei allen Beteiligten ermöglichen. Das sei laut Pistorius "ein normaler Vorgang", um sowohl be- wie auch entlastende Informationen zu erhalten. Erst danach seien eventuelle Disziplinarverfahren möglich.

"Wir werden technische und organisatorische Maßnahmen ergreifen, damit sich so ein Vorfall nicht wieder ereignet", sagte Pistorius weiter. Er habe am Montag auch mit internationalen Partnern telefoniert, "das Vertrauen in Deutschland ist ungebrochen. Alle wissen um die Gefahr solcher Abhörattacken und wissen, dass man hundertprozentigen Schutz nicht gewährleisten kann".

Am Freitag vergangener Woche hatte der russische Propagandakanal RT einen 38 Minuten langen Mitschnitt eines Gesprächs zwischen vier hochrangigen Offizieren der Luftwaffe veröffentlicht. Sie hatten erörtert, unter welchen politischen Vorgaben die Bundeswehr den Marschflugkörper Taurus an die Ukraine liefern könnte.

(nie)