Online-Marketing: Segen und Fluch der Cookies
Einerseits sind freie Inhalte erwünscht, andererseits müssen diese auch irgendwie bezahlt werden. Fachleute diskutierten über die Zukunft der Cookies.
Nervende Cookie-Banner auf der einen Seite, nötige Einnahmen durch Online-Werbung auf der anderen. Über dieses Spannungsverhältnis der Wünsche von Nutzern und Unternehmen diskutierten drei Fachleute auf der virtuellen Veranstaltung "Online-Marketing zwischen Cookies und Datenschutz" auf Einladung des Tagesspiegels.
Der Anlass der Veranstaltung war der Europäische Datenschutztag, der jährlich am 28. Januar gefeiert wird. In diesem Jahr steht sogar ein rundes Jubiläum an, denn genau vor 40 Jahren, am 28. Januar 1981, wurde mit der Vereinbarung der Europäischen Datenschutzkonvention durch den Europarat der Weg für einen gemeinsamen europäischen Datenschutz geebnet.
Werbung als Möglichmacher
Zu Beginn der Diskussion skizzierte Eveline Metzen, Direktorin für Regierungsangelegenheiten in Deutschland, Österreich und der Schweiz bei Google, die grundsätzliche Position des Suchmaschinenkonzerns. Werbung ermögliche den Zugang zu globalen Informationen, die Google im Internet verfügbar machen wolle. "Ein hohes Datenschutzniveau und Online-Marketing sind kein Gegensatz", meinte sie. Google arbeite dauernd an neuen Techniken, die beides harmonisieren.
Maximilian von Grafenstein, Professor für "Digitale Selbstbestimmung" am Career College der Universität der Künste Berlin, sagte, entgegen vieler Vorhersagen gebe es keine "Post-Privacy-Ära". Junge Nutzer seien datenschutzbewusst, kritisierten aber die Cookie-Banner, die viele Website-Betreiber aufgrund der DSGVO eingeführt haben. Er plädierte dafür, dass vor einem generellen Verbot der Banner durch den Gesetzgeber andere Mittel ausprobiert werden wie Änderungen im Design von Webseiten.
Dark Patterns vs. Privacy by Design
Auf das Problem, dass viele Nutzer von den zahlreichen Einwilligungen in verschiedene Cookie-Arten überfordert sind, wies Anna Christmann auch mit Blick auf die anstehende e-Privacy-Verordnung hin. Christmann ist in der grünen Bundestagsfraktion Sprecherin für Innovations- und Technologiepolitik und Obfrau der Enquete-Kommission Künstliche Intelligenz. Stattdessen setzt sie auf das Prinzip Privacy by Design. Die Cookie-Banner sollten in ihrer Grundeinstellung (Privacy by Default) so gestaltet sein, dass möglichst wenige Daten geteilt würden. Die Banner seien "momentan Hilfskonstruktionen". Christmann räumte aber ein, dass eine perfekte gesetzgeberische Lösung sehr schwierig sei.
Google-Lobbyistin Metzen sprach sich gegen Privacy by Default aus. "Die Nutzer und nicht der Gesetzgeber sollten über ihre Privatsphäre entscheiden." Die Freiheit der Nutzer sei wichtig. Grundsätzlich müsse eine Balance zwischen der Werbewirtschaft und den Nutzern gehalten werden. "Ohne Werbung gibt es keine freien Inhalte", sagte sie.
Von Grafenstein wies auf das Problem hin, dass IT-Konzerne wie Google und Facebook "am ehesten" auf Cookies verzichten könnten, da sie nach dem Login auf ihren Plattformen auf umfangreiche Profildaten Zugriff haben. Diese Möglichkeit hätten kleinere Unternehmen nicht. Metzen räumte das ein, erwiderte aber, Google sei nur ein Teil eines Ökosystems und auf das Vertrauen der Nutzer angewiesen. "Wir müssen daher nach Alternativen zu Third-Party-Cookies forschen."
FloC statt individueller Nutzer
Im Januar 2020 hatte der Suchmaschinenkonzern das Ende der Third-Party-Cookies in seinem Browser Chrome innerhalb von zwei Jahren bekannt gegeben. Metzen nannte zwei Gründe für die Entscheidung. "Das Blockieren der Cookies führt zu Fingerprinting." Das sei für den Datenschutz nicht wünschenswert. Zum anderen schmälere es die Informationsbreite im Internet, wenn die Erlösquellen für Verlage eingeschränkt würden.
"Irgendwer muss es bezahlen", sagte sie. Als datenschutzfreundlichere Lösung propagiert Google das Federated Learning of Cohorts (FloC). Werbefirmen adressieren damit Gruppen ähnlicher potenzieller Kunden statt individuelle Nutzer. Dennoch ist laut Google die Conversion Rate mit 95 Prozent hoch. Im zweiten Quartal will der Konzern damit bei Google Ads anfangen.
Pur-Abos
Christmann forderte verlässliche Rahmenbedingungen für Nutzer und Unternehmen. Neben Third-Party-Cookies müsse es andere technische Lösungen geben, damit Werbung effektiv sein könne. Sie wies auf den Trend hin, dass Verlage die Leser per Banner vor die Wahl stellen, entweder personalisierte Werbung durch Cookies zu erlauben oder für die Inhalte zu bezahlen. Das praktiziert auch Heise Online so. Von Grafenstein forderte von den Verlagen, man müsse es als Nutzer so einstellen können, dass personalisierte Werbung bei Bezahlung ausgeschlossen sei.
Die Grünen-Politikerin meinte abschließend: "Die personalisierte Gesundheit wäre mir wichtiger als personalisierte Werbung." Das Federated Learning of Cohorts könne für die Nutzung von Gesundheitsdaten gut sein.
Empfohlener redaktioneller Inhalt
Mit Ihrer Zustimmmung wird hier eine externe Umfrage (Opinary GmbH) geladen.
Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen (Opinary GmbH) übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.
(kbe)