Online-Werbemesse DMEXCO: KI, die Daten und die Cookiedämmerung
KI kommt in Kreativwerkzeugen zum Einsatz, soll aber auch Werbekunden besser ansprechen helfen – und so den Wegfall der Third-Party-Cookies abmildern.
5,467 Milliarden Euro – diesen Umsatz prognostiziert der Online-Vermarkterkreis (OVK) im Branchenverband Bundesverband Digitale Wirtschaft (BVDW) für digitale Werbung im Jahr 2023. Das bedeutet ein Plus von 5,6 Prozent gegenüber dem Vorjahr (wenngleich inflationsbereinigt ein kleines Minus herauskommt). Größter Treiber sind demnach Video-Formate mit einem Marktvolumen von 2,175 Millionen Euro, was einem Anteil von 40 Prozent und einem Plus von 14 Prozent gegenüber dem Vorjahr entspricht. Ein deutliches Wachstum verzeichne auch das Segment Online-Audio. Die dort generierten Erträge liegen in diesem Jahr bei 127 Millionen Euro, ein Anstieg von 11 Prozent. Werbung im Umfeld von Podcasts mache bereits für 42 Millionen Euro aus, so der OVK.
Der OVK präsentiert seine Zahlen traditionell im Zuge der Branchenmesse DMEXCO. Die Messe in Köln, die am gestrigen Dienstag begonnen hat und heute andauert, ist ein wichtiger Treffpunkt der Online-Marketing-Branche. Die zugehörige Konferenz behandelt in mehr als 200 Stunden Programm auf 13 Bühnen und mit mehr als 700 Speakern aktuelle Trends der Branche.
Cookies weg: Und dann?
Nicht mehr ganz neu, aber dennoch langsam drängend etwa ist das bevorstehende Ende der Third-Party-Cookies. Google hat nach mehreren Verschiebungen angekündigt, dass der hauseigene Browser Chrome im kommenden Jahr endgültig keine Third-Party-Cookies mehr unterstützen wird. Andere Browser machen das schon längst, etwa Safari und Firefox, sodass heute schon nur noch rund jede zweite Ad-Impression Cookies trägt. Die Marketingbranche arbeitet bereits seit mehreren Jahren an Ersatzlösungen, ist aber augenscheinlich weiterhin schlecht auf das Cookie-Ende vorbereitet.
Dieser Eindruck stellte sich jedenfalls ein, wenn man die Masterclass "Brave new World – gezielte Nutzeransprache ohne Cookies" zum Thema besuchte. So sagte Tobias Wegmann – BVDW-Mitglied und Chief Technical Officer von PREX (Programmatic Exchange) – die derzeit in der Branche diskutierten und ausprobierten Lösungen seien für die Zeit ohne Cookies noch nicht ausgereift genug. Zum Beispiel gebe es bei Googles Ersatztechnik Sandbox noch viele offene Fragen.
Die Werbebranche nutzt Cookies gleich für eine ganze Reihe von Aufgaben. Werbenetze können damit zum Beispiel bisher noch den Weg eines Nutzers vom Klick auf eine bestimmte Anzeige bis zum Kaufabschluss nachverfolgen. Fallen Third Party Cookies weg, muss sich die Branche dafür neue Lösungen ausdenken. Laut Wegmann werde es wohl letztlich keine Lösung geben, die Cookies komplett ersetze.
First Party Data ist eines der Buzzwords, das beim Thema Cookie-Ende fällt: Unternehmen sollen - immer das Verständnis (Branchensprech: den Consent) der Kunden vorausgesetzt, die Daten über ihre Kunden aus allen zur Verfügung stehenden Kanäle besser sammeln und auswerten – mit Kundendaten-Plattformen wie der von Twilio, oder BirdsView im Kleinen, sollen dabei helfen.
Solche Dienste nutzen KI, um jeden Kunden zur richtigen Zeit, am richtigen Ort und über die richtigen Kanäle anzusprechen: Hat er sich zum Beispiel mehrfach ein bestimmtes Produkt angesehen, aber nicht gekauft, kann man ihm vielleicht mit einem Rabatt den richtigen Impuls geben.
KI als Allheilmittel
Das Stichwort KI war das Buzzword der Messe, sozusagen das Allzweckhilfsmittel fĂĽr die verschiedensten Aufgaben. Einige Schlaglichter: Die IVW, die im Auftrag vieler Medien die Reichweiten ermittelt, will mit einem KI-Werkzeug die inhaltliche Kategorisierung der von ihr ĂĽberwachten Online-Inhalte ĂĽberprĂĽfen.
Die Agentur Munich Online Rebels hat eine Möglichkeit vorgestellt, mit der man direkt in ChatGPT sehr zielgerichtet werben kann – wenn der Nutzer bestimmte Plug-ins verwendet. Durch die thematische Ausrichtung der Plug-ins, aber auch durch die Anfragen der Nutzer würden sich so sehr gezielte Targeting-Möglichkeiten ergeben. Je nach ChatGPT-Plug-in würden sich nur textliche oder aber sogar grafische Werbemittel empfehlen. Hierzulande bieten die Munich Online Rebels ihre Werbeform aber derzeit nicht an.
Vor allem aber wurden Lösungen präsentiert, in denen KI-Dienste den Kreativen beim Erzeugen von Inhalten helfen kann. So stellte Christian Raschke von Handelsblatt Media Group Solutions bei einem Vortrag ein neues Werkzeug namens "Hype Signals" vor, das den Mitarbeitern helfen soll, mediale Trends schneller zu erfassen. Dazu wertet eine KI die verschiedensten Kanäle aus, zum Beispiel das Suchvolumen, Social Media und die Medienresonanz. Jens Polomski zeigte daraufhin, wie man zu einem Thema dann mit ChatGPT, ChatGPT-Plug-ins und Midjourney Schritt für Schritt Artikelinhalte generiert.
(jo)