Online- und Filialhandel wachsen zusammen – Conrad beherrscht den Spagat

Laut aktuellem IBM Omnichannel Maturity Index liegt der deutsche Elektronikhandel bei der Verknüpfung von Filialgeschäft und Onlineverkauf im Branchenvergleich vorn. Conrad führt das Ranking an, vor Saturn, Media Markt und Cyberport.

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Der klassische Einkauf im Ladengeschäft vor Ort bietet dem Käufer den entscheidenden Vorteil, die Ware mit eigenen Händen begutachten und dann auch gleich mitnehmen zu können. Dem kann der Onlinehandel nur die allgegenwärtige Verfügbarkeit rund um die Uhr und gegebenenfalls günstigere Preise entgegensetzen. Doch "die Kunden differenzieren immer weniger zwischen Online und Filiale", hat Roland Scheffler, Partner in der Strategieberatung bei IBM Global Business Services, festgestellt. Im Rahmen des IBM Omnichannel Maturity Index untersucht das Unternehmen regelmäßig die individuellen Stärken und Schwächen verschiedener Handelsbranchen bei der Verknüpfung der unterschiedlichen Vertriebskanäle. Denn ein "nahtloses, durchgängiges Kundenerlebnis" ist nach Einschätzung von Scheffler ein entscheidendes Erfolgskriterium: "Stationäres Geschäft und Online-Handel müssen sich deshalb ergänzen und können sich im besten Fall auch gegenseitig beflügeln."

Der Elektronikhandel hat beim kanalübergreifenden Verkauf die Nase vorn

(Bild: IBM)

Eine Vorreiterrolle hierzulande nimmt dabei der Elektronikhandel ein. Wie schon im vergangenen Jahr attestiert der IBM Omnichannel Maturity Index auch aktuell Conrad Elektronic den Spitzenplatz im Ranking – vor Saturn, Media Markt und Cyberport. Während die klassischen Filialisten noch die Nase vorn haben, holen die E-Tailer rasant auf. So rückte Cyberport nicht zuletzt dank des wachsenden Filialnetzes neu in das Ranking. "Hervorragend abgeschnitten (mit einem Top-10-Platz), aber außer Konkurrenz gewissermaßen, da bislang nur mit einem Präsenz-Shop vertreten, hat auch notebooksbilliger.de", ergänzt Scheffler. Gerade unter den zahlreichen Onlinehändlern sei ein Trend zu erkennen, den E-Commerce um ausgesuchte Ladengeschäfte vor Ort zu ergänzen. Auch der ehemalige Chef des zu Media-Saturn gehörenden E-Tailers Redcoon, Reiner Heckel, hatte schon Erwägungen zur Eröffnung eigener Filialen ins Spiel gebracht.

Den erwähnten Nachteil in Sachen verzögerte Warenverfügbarkeit gleichen die Onlinehändler gegenüber dem Präsenzhandel vermehrt durch größere Schnelligkeit und Flexibilität aus. So bieten 41 Prozent der untersuchten Unternehmen einen Express-Versand – sieben Prozent stellen unter bestimmten Voraussetzungen sogar Auslieferung am gleichen Tag in Aussicht. Dem Wunsch der Kunden nach mobilem Shopping per Smartphone oder Tablet kommen ebenfalls immer mehr Händler entgegen. So bieten inzwischen über die Hälfte (56 Prozent) eine App – im Vorjahr lag der Anteil noch bei nur 41 Prozent. Der Anteil der Händler mit einer für Mobilgeräte optimierten Webseite stieg von 47 auf 63 Prozent. Der unmittelbare Einkauf über die App oder mobile Webseite ist bisher jedoch nur in 32 respektive 54 Prozent aller Angebote möglich.

Nachholbedarf hat Studienleiter Scheffler in Sachen kanalübergreifende Kundenbindung ausgemacht. Nicht einmal die Hälfte (47 Prozent) aller untersuchten Händler hat entsprechende Programme aufgelegt. Im zentralen, 75 Kriterien umfassenden Untersuchungskatalog für den IBM Omnichannel Maturity Index, spielt die Interaktion der Handelsunternehmen mit ihren Kunden jedoch eine zentrale Rolle. Dazu zählen beispielsweise auch das kanalübergreifende Marketing, Angebote wie die Abholung einer Online-Bestellung in der Filiale oder der etwaige Rückgabeprozess. Untersucht wurden zudem die Integration mobiler Apps und sozialer Medien wie auch Support- und Service-Angebote via Chat, Telefon oder andere Kommunikationskanäle. Das Rennen um die Gunst der Kunden werden schließlich diejenigen Händler machen, die ihre Trumpfkarte bei der intelligenten Verzahnung des Online-Kanals mit dem Präsenzhandel richtig ausspielen. Ein Patentrezept dafür zeichne sich bisher allerdings nicht ab, resümiert Scheffler. (map)