Oracle und Clinton: Gute Freunde (fast) unter sich

Bei Oracle philosophierte Bill Clinton über den IT-Markt. Die Steuergewerkschaft bezeichnet das Honorar als Bestechung für den Microsoft-Prozess.

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Von
  • Holger Dambeck

Bill Clinton bekam Anfang der Woche in New Orleans Honig ums Maul geschmiert. Auf der AppsWorld 2001 nannte ihn Oracle-CEO Larry Ellison einen "mutigen Führer". Mit seinem Engagement für den freien Welthandel habe Clinton den amerikanischen Hightech-Unternehmen einen erstklassigen Zugang zu den Märkten außerhalb der USA verschafft. Ellison hatte den Ex-Präsidenten schon vor Monaten zu einer Ansprache auf der AppsWorld eingeladen. Das zwischenzeitlich aufgekommene Gerücht, Clinton solle in die Vorstandsetage von Oracle einziehen, dementierte eine Unternehmenssprecherin allerdings bereits.

In seiner Rede lobte Clinton die 10.000 Zuhörer dafür, dass sie im letzten Jahrzehnt wesentlich zum Wohlstand Amerikas beigetragen hätten. Er meinte, trotz der Kurseinbrüche einiger Dot.Coms sei das Internet auch weiter die Zukunft. Clinton warnte vor einer digitalen Spaltung der Gesellschaft: "Es ist beschämend für arme Menschen, wenn man ihnen sagt, sie müssten sich zwischen Penicillin und Pentium entscheiden." Clinton verglich Oracle-Chef Larry Ellision mit Henry Ford. Beide hätten verstanden, dass ein standardisiertes Produkt den Kunden mehr Nutzen bringt als ein indidviduell hergestelltes.

Der Auftritt des Ex-Präsidenten wurde von der amerikanischen Steuergewerkschaft CAGW scharf kritisiert. Oracle sei treibende Kraft und Hauptnutznießer des Antitrust-Verfahrens gegen Microsoft gewesen, das Clintons Justizminsiterium angestrengt hatte. "Das Vorgehen gegen Microsoft hat einzelne Wettbewerber bevorzugt, anstatt das bestehende Recht unparteiisch anzuwenden", sagte CAGW-Chef Thomas A. Schatz. Gegen das Vorgehen des US-Justizministeriums hatte sich auch Charles James, der neue Antitrust-Chef des Clinton-Nachfolgers George W. Bush, ausgesprochen.

Die Steuergewerkschaft rügte die Verschwendung von 40 Millionen US-Dollar im Prozess gegen Microsoft. Die Rede bei Oracle illustriere ein weiteres Mal Clintons fragwürdige Moralvorstellungen. Auf das (offiziell nicht bestätigte) Honorar von 100.000 US-Dollar anspielend sagte Schatz, Clintons Engagement erscheine wie eine nachträgliche Belohnung dafür, dass die Clinton-Regierung Oracle unterstützt habe.

Oracle verteidigte den Auftritt Clintons. Seine Erfahrung als US-Präsident an der Jahrtausendwende verleihe ihm eine einzigartige Perspektive auf die heutige Zeit. Seine Ansichten seien für die Konfernzteilnehmer von Interesse gewesen, erklärte ein Oracle-Sprecher der Washington Post. (hod)