Patentgerangel trübt Qualcomms Aussichten

Bisher haben den klagefreudigen Chiphersteller die Rückschläge vor Gericht auf dem Börsenparkett nicht aus dem Takt bringen können. Doch die Aussichten für das neue Geschäftsjahr sorgen für wenig Euphorie an der Wall Street.

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Qualcomm ist in der Mobilfunkbranche nicht gerade beliebt. Der Chiphersteller setzt seine Patente, die etliche Mobilfunkstandards berühren, eisern durch und kämpft juristisch an allen Fronten, um diese Einnahmequelle auch in Zeiten technischen Fortschritts abzusichern. Zuletzt hatte sich Qualcomm dabei allerdings wiederholt eine blutige Nase geholt – und die Anwälte einen öffentlichen Rüffel, der ihnen außer dem Gespött der Kollegen noch standesrechtliche Konsequenzen einbringen könnte (Qualcomms Chefjurist ist inzwischen zurückgetreten). Ungeachtet der Rückschläge vor Gericht, eines zeitweiligen Importverbots für Qualcomm-Technik und Bußgelddrohungen aus Brüssel ging es dem Unternehmen finanziell immer ziemlich gut; die Börse zeigte sich von den verlorenen Patentscharmützeln nicht gleich beeindruckt. Die Analysten waren happy.

Auch an den jüngsten Quartalszahlen ist auf dem Papier nichts auszusetzen. Dass der Nettogewinn im letzten Quartal des Geschäftsjahres 2007 (30. September) deutlich um 84 Prozent gestiegen ist, verdankt Qualcomm auch einem einmaligen Steuereffekt, der statt Steuerabzug für ein Plus von 183 Millionen US-Dollar in der Bilanz sorgt. Das trieb den Nettogewinn von 614 Millionen US-Dollar im Vorjahr auf 1,1 Milliarden US-Dollar oder 0,67 US-Dollar pro Aktie. Im Quartalsvergleich stieg der Umsatz von 2 Milliarden US-Dollar auf nunmehr 2,31 Milliarden US-Dollar im vierten Quartal.

Mit 737 Millionen US-Dollar macht das Lizenzgeschäft einen wesentlichen Teil des Umsatzes aus. Das Chipgeschäft profitiert von der steigenden Nachfrage nach WCDMA-Chips für breitbandfähige Handys. 253 Millionen MSM-Chips (Mobile Station Modem) habe das Unternehmen ausgeliefert, hieß es anlässlich der Bekanntgabe des Quartalsergebnisses, 22 Prozent mehr als im Vorjahresquartal. Im gesamten Geschäftsjahr setzt Qualcomm 5,77 Milliarden US-Dollar (Vorjahresquartal: 4,78 Milliarden) um und steigerte den Nettogewinn von 2,47 auf 3,3 Milliarden US-Dollar. Das Ergebnis liegt deutlich über den bisherigen Prognosen. Trotzdem sind die Analysten nicht mehr happy.

Denn die Aussichten auf das kommende Quartal und das Geschäftsjahr 2008 sind getrübt. Eine Gewinnsteigerung von nur noch 1 bis 4 Prozent auf 2,03 bis 2,09 US-Dollar pro Aktie erwartet der Chiphersteller für das kommende Jahr. Zu wenig für die Wall Street, die mit etwa 2,18 US-Dollar gerechnet hatten. Ein Grund dafür sind die festgefahrenen Patentstreitigkeiten mit dem weltgrößten Handyhersteller Nokia. Die beiden lassen ihre Muskeln vor verschiedenen Gerichten spielen und treiben so nicht nur die Analysten zur Verzweiflung.

Schon länger macht sich an der Börse die Meinung breit, es sei nun langsam gut mit dem branchenweiten Patentgekabbel und Zeit für eine Einigung. Denn die Prozesse kosten Geld. Qualcomms Rechtskosten lagen 2007 bei über 200 Millionen US-Dollar; im neuen Jahr sind dazu weitere Kosten zur Verteidigung des Geschäftsmodells in derselben Größenordnung zu erwarten. Die Börse reagierte enttäuscht auf diese Nachrichten: Die Qualcomm-Aktie brach nach Bekanntgabe um fast 9 Prozent ein. (vbr)