Plan zur Copyright-Verschärfung im Pazifikraum öffentlich
Laut dem Geheimentwurf für ein Handelsabkommen zwischen den USA und anderen Pazifikstaaten sollen auch private Urheberrechtsverletzungen bei einem finanziellen Gewinn strafrechtlich geahndet werden können.
In den USA und anderen Pazifikstaaten sollen künftig auch private Urheberrechtsverletzungen bei einem finanziellen Gewinn oder einem anderen "kommerziellen Vorteil" strafrechtlich geahndet werden können. "Bedeutsame" Verstöße gegen das Copyright und verwandte Rechte sollen kriminalisiert werden, auch wenn dahinter keine finanzielle Bereicherung steht. Dies geht aus dem Entwurf (PDF-Datei) für ein Handelsabkommen für den Pazifikraum, den die zivilgesellschaftliche Organisation Knowledge Ecology International (KEI) veröffentlicht hat. Das 38-seitige Papier aus dem Büro des US-Handelsbeauftragten, das nur das Kapitel "geistige Eigentumsrechte" umfasst, sollte nach dem Willen der US-Regierung eigentlich vier Jahre lang unter Verschluss gehalten werden.
Der Entwurf für ein "Trans-Pacific Partnership Agreement" (TPP) erinnert teils an das heftig umkämpfte, von der EU mit ausgehandelte Anti-Piraterie-Abkommen ACTA. So sollen "rechtliche Anreize" für eine engere "Kooperation" von Internetprovidern mit Rechteinhabern zur Abschreckung von Copyright-Sündern geschaffen werden. Die Bestimmung geht auf eine Anregung der US-Verwertungsindustrie zurück, die darunter in der Regel die "abgestufte Erwiderung" auf Copyright-Verletzungen mit Warnhinweisen und gegebenenfalls Sperren des Netzzugangs versteht ("Three Strikes"-Modell). Die Möglichkeiten zum Abruf von Schadensersatz bei Rechtsverstößen sollen weit gefasst werden und sich auf die unverbindliche Preisempfehlung nicht-lizenzierter Produkte oder andere "legitime Maßstäbe" nach Gusto der Rechteinhaber beziehen.
Darüber hinaus schlägt der Entwurf für den völkerrechtlichen Vertrag, über den derzeit Länder wie Australien, Brunei, Chile, Malaysia, Neuseeland, Peru, Singapur und Vietnam mit Washington verhandeln, recht lange Schutzfristen für Urheberrechte vor. Bei natürlichen Personen soll die Dauer bis zu 70 Jahre nach Tod des Autors reichen. Bei Unternehmen oder anderen Rechtspersonen sind Fristen zwischen 95 und 120 Jahren nach Schaffung, Erstaufführung oder Veröffentlichung eines Werks im Gespräch. Verboten werden soll, Systeme zum digitalen Rechtekontrollmanagement (DRM) zu knacken, auch wenn damit kein Copyright verletzt wird.
Enthalten sind auch Haftungsbedingungen für Internetanbieter, die laut KEI über die bestehenden US-Regeln hinausgehen und bestehende Freistellungen von Verantwortlichkeiten eingrenzten. Alle Provider müssen die Identifizierung von Nutzern möglich machen. Webseiten mit Materialien, die gegen Urheberrechte verstoßen, sollen vergleichsweise einfach vom Netz genommen werden können. Darüber hinaus sollen die Vertragspartner Patente für alle neuen Formen und Verwendungsarten auch bekannter Produkte bereitstellen, auch wenn deren Effizienz nicht gesteigert wird. Bereits erteilte gewerbliche Schutzrechte anzufechten soll schwieriger werden.
Der Plan sieht weiter ein Verbot sogenannter Parallel-Importe vor. Produkte, die ein einem Land legal verkauft werden, dürften so auf Geheiß der Rechteinhaber nicht in ein anderes Land eingeführt werden. Grenzkontrollmaßnahmen zur Beschlagnahme nicht-lizenzierter Güter sollen ausgebaut werden.
Die KEI-Aktivisten kritisieren nicht nur die Geheimniskrämerei, mit der die Obama-Regierung die Initiative unter Verschluss halten wollte. Sie bemängeln auch, dass die angestrebten Normen selbst über viele Rechtstraditionen der USA hinausgingen, die bereits ein umfassendes System zum Schutz der Rechte an immateriellen Werken haben. Zugleich unterlaufe das Vorhaben Bemühungen zur Reform des US-Patentwesens oder zur Verbesserung des Zugangs zu "verwaisten" Werken, für die kein Urheber mehr ausfindig zu machen ist. Insgesamt gehe es um komplexe und wichtige Fragen, die Einfluss auf das Leben der Menschen hätten und daher einer breiten öffentlichen Diskussion offen stehen müssten. (anw)