Post aus Japan: Und sie fliegen wieder

Nippon treibt seine Flugzeugindustrie voran. Ein Modell hat sogar schon die Verkaufshitliste in seinem Segment erobert. Hergestellt wird es ausgerechnet von einem Autohersteller.

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Post aus Japan: Und sie fliegen wieder

(Bild: Honda)

Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Martin Kölling
Inhaltsverzeichnis

Japanischen Konzernen zu einer Konzentration auf das Kerngeschäft zu raten, ist ein sinnloses Unterfangen. Selbst die Autobauer jagen gerne abseits vierrädriger Mobilität, wenn sie es sich denn leisten können. Toyota baut beispielsweise Yachten und Häuser. Honda hat sich derweil einen hochfliegenden Traum des Gründers Soichiro Honda erfüllt: Honda baut neben Autos, Motorrädern und Motoren vieler Arten nun auch ein Flugzeug. Mehr noch: Der Autobauer ist das erste japanische Unternehmen seit dem zweiten Weltkrieg, der in Eigenregie ein Flugzeug entwickelt und gebaut hat.

HondaJet heißt das Fluggerät, das seit etwa drei Jahren in den USA verkauft wird. Dabei handelt es sich um einen kleinen, sechssitzigen Business-Jet mit innovativem Design. Die zwei Düsentriebwerke hängen nicht unter den Tragflächen oder hinten am Rumpf wie sonst üblich. Stattdessen stehen sie auf den Tragflächen.

Das Jahr 2018 hat nun gezeigt, dass Honda damit offenbar einen Hit gelandet hat: Der HondaJet wurde in den USA zum zweiten Mal in Folge der Bestseller in seiner Kategorie. Der Absatz sank zwar im Vergleich zu 2017 von 43 auf 34 Stück. Aber damit lagen die Japaner in dem kleinen Segment der Aeromobilität für Superreiche noch immer vor Cessna.

Die nächste gute Nachricht: Im Dezember erhielt Hondas Flugzeug auch in Japan Starterlaubnis. In diesem Jahr hofft Honda auf seinen ersten heimischen Kunden. Auch andere asiatische Märkte wie China haben die Japaner im Visier.

HondaJet (4 Bilder)

Ein hochfliegender Traum ging bei Honda mit den HondaJets in Erfüllung.
(Bild: Honda Aircraft Company 2019)

Die Märkte sind beide schwierig. In Japan sind Business-Jets noch recht unbekannt. In China wiederum unterdrückt die Regierung offenbar das Segment der Bonsai-Jets. Wer kann, greift dort eher zu größeren Flugzeugen für die Vorstandsklasse. Doch generell spricht vieles für die asiatischen Märkte, besonders die außerhalb Japans.

Post aus Japan

Japan probiert mit Elektronik seit jeher alles Mögliche aus - und oft auch das Unmögliche. Jeden Donnerstag berichtet unser Autor Martin Kölling an dieser Stelle über die neuesten Trends aus Japan und den Nachbarstaaten.

Die asiatischen Schwellenländer vereinen wie die USA mittelgroße Entfernungen, reiche Familien und (außer in China) schlechte Superschnellzuginfrastruktur. China wiederum ist sehr groß, so dass Düsenjets einen Zeitvorteil vor Hochgeschwindigkeitszügen erfliegen können. Für 2019 sagt Hondas Jetfirma daher auch mehr als 50 Verkäufe voraus.

Der Erfolg des HondaJets könnte auch den nationalen Champion der keimenden Flugzeugindustrie psychologisch etwas Aufwind geben. Der Schwerindustriekonzern Mitsubishi Heavy Industries will die Luftfahrt seit Jahren mit seinem Mitsubishi Regional Jet (MRJ) aufmischen. Und er könnte dabei Aufmunterung gebrauchen.

Mit dem 70- oder 90-Sitzer möchten die Japaner Anbietern wie Bombardier Kunden abjagen. Das Knowhow haben sie, schließlich fertigt Mitsubishi amerikanische Kampfflugzeuge in Lizenz und ist einer der Zulieferer Boeings. Das Design ist dabei durchaus gelungen. Und fliegen kann das Flugzeug auch. Das habe ich persönlich beim Jungfernflug im Jahr 2015 beobachtet.

Mit dem Mitsubishi Regional Jet hofft der Autobauer nun auf den Durchbruch in der Flugzeugbranche.

(Bild: Mitsubishi Aircraft Corporation)

Nur leider hat das Projekt bereits sieben Jahre Verspätung, weil Mitsubishi die Auslieferung fünf Mal verschieben musste. Befreundete Unternehmen der ehemaligen Mitsubishi-Gruppe mussten daher im Herbst 2018 1,8 Milliarden Dollar Kapital nachschießen, um Japans Hoffnung vor einem Absturz zu bewahren. Doch nun endlich soll die Geduld belohnt werden.

Die ersten Auslieferungen sind für Mitte 2020 geplant. Dummerweise herrscht noch immer eine Rest-Unsicherheit. Denn der letzte, für Januar geplante Testflug für die letztliche Fluggenehmigung musste wegen eines Wintereinbruchs verschoben werden. Doch gelingt er, wird Japan endgültig wieder zu einer Flugzeugnation.

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