Postbank: Kundenbeschwerden noch nicht alle abgearbeitet

Die Deutsche Bank braucht länger als versprochen, um Anfragen rund um Probleme mit der IT der Postbank zu bearbeiten.

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Fünf Millionen Postbank-Kunden bekamen mit Hilfe von Cloud-Technik ein neues Online und Mobile Banking.

(Bild: Postbank)

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Die Deutsche Bank kann anders als von ihr versprochen nicht alle Kundenanfragen bis Ende dieses Jahres abarbeiten, die durch die Umstellung der IT ihrer Postbank-Tochter entstanden sind: "Wir sind beim Abarbeiten der Rückstände an Kundenanfragen seit Sommer weit vorangekommen – auch dank mehr als 800 zusätzlichen Arbeitskräften für diese Aufgaben", sagte ein Sprecher der Deutschen Bank laut dpa. Die verbleibenden Rückstände abzuarbeiten, sei komplex und beanspruche teilweise mehr Zeit. "Einen Teil dieser Fälle werden wir deshalb Anfang 2024 abschließend bearbeiten."

Die Deutsche Bank mit ihren 7 Millionen Kunden hatte seit April 2022 in mehreren Wellen im Projekt "Unity" die IT der Postbank mit Daten von 12 Millionen Kunden und 19 Millionen Produktverträgen auf eine gemeinsame Plattform zusammengeführt. Rund 5 Millionen Postbank-Kunden bekamen ein neues Online und Mobile Banking, der Vorgang war im Juli dieses Jahres abgeschlossen. In dem Zusammenhang hatten sich im laufenden Jahr Beschwerden von Postbank-Kundinnen und -Kunden gehäuft. Laut den Verbraucherzentralen waren die Beschwerden im dritten Quartal noch einmal gestiegen.

Sie klagten zum Beispiel darüber, dass sie zeitweise nicht auf ihre Konten zugreifen konnten, Konten gesperrt oder Lastschriften nicht mehr eingelöst wurden. Der Kundenservice sei schlecht erreichbar oder unfähig gewesen, Probleme zu lösen. Probleme gab es auch mit Pfändungsschutzkonten, auf denen verschuldete Menschen Guthaben vor der Pfändung schützen können, damit sie Geld zum Beispiel für Miete und Strom, Lebensmittel und Medikamente zur Verfügung haben.

Solche Postbank-Kunden sollen nun leichter an eine Entschädigung kommen. Seit dem heutigen Mittwochmorgen können Kunden, die von Verzögerungen bei Pfändungsanliegen betroffen waren, über die Website der Postbank online bis zu 1.000 Euro Schadenersatz beantragen. Der Schaden muss durch verzögerte Bearbeitung in Zusammenhang mit einer Pfändung, einer Insolvenz oder bei der Einrichtung oder Abmeldung eines Pfändungsschutzkontos entstanden sein. Kunden müssen durch Belege wie Mahnkosten oder Verzugszinsen nachweisen, dass ihnen Schaden entstanden ist.

"Das Verfahren ist digital, sodass Kundinnen und Kunden der Postbank keine Filiale aufsuchen müssen, um ihre Ansprüche geltend zu machen", erklärte der Sprecher der Deutschen Bank. "Nach Einreichen der Anträge werden berechtigte Schadenersatzansprüche in der Regel bis Ende des Folgemonats erstattet." Normalerweise werden Kundenbeschwerden über Postbank-Filialen, über das telefonische Kundenberatungscenter oder per Briefpost abgehandelt.

Ende September bestellte die Finanzaufsicht Bafin einen Sonderbeauftragten für die Postbank, weil seit dem Jahreswechsel 2022/2023 "erhebliche Beeinträchtigungen bei der Abwicklung des Kundengeschäfts bei der Postbank" zu beobachten gewesen seien. Die Bafin forderte die Bank auf, "die Einschränkungen im Kundenservice schnellstmöglich abzustellen". Das überwacht der Sonderbeauftragte.

Christian Sewing, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Bank, entschuldigte sich wenig später öffentlich und stellte die Behebung der Probleme der Postbank bis Jahresende in Aussicht: "Das ist insgesamt eine Situation, für die wir uns nur entschuldigen können." Die Bank sei ihrer Verantwortung nicht gerecht geworden und habe Kunden sehr enttäuscht.

Die erste Welle des Umzugs von Postbank-Kunden auf die gemeinsame Plattform im April 2022 mit 4 Millionen Sparkunden sei erfolgreich gewesen, resümierte die Deutsche Bank auf ihrer Jahreshauptversammlung im Mai dieses Jahres. Schon im Januar, nach der zweiten Migrationswelle mit zwei Millionen Kunden, bei der etwa eine Million Kunden das neue Cloud-basierte Online und Mobile Banking bekommen hatten, stiegen die Kundenanfragen in Callcentern, Filialen und per E-Mail. Und zwar in einem Ausmaß, "das wir nicht durchgehend bedienen konnten, wie wir das von uns erwarten".

Die technischen Störungen im Banking seien zum Teil nicht migrationsbedingt gewesen, hieß es im Mai von der Deutschen Bank. Auch seien einige Kunden nicht mit der Funktionalität der neuen Postbank-Banking-App zufrieden gewesen. Der Funktionsumfang sei mittlerweile erweitert worden und werde ausgebaut. Nach einer weiteren Migrationswelle im März folgten im Sommer vier Millionen Verträge von zwei Millionen Kunden sowie sämtliche Unternehmenskunden.

Die Deutsche Bank verspricht sich durch "Unity" Synergieeffekte, durch die sie jährlich 300 Millionen Euro einspart. Diese könnten anfallen, wenn die alten IT-Systeme der Postbank abgeschaltet werden und dafür beispielsweise keine Lizenzkosten mehr anfallen.

(anw)